Bericht: Was macht ein Verfahrensbeistand? 3. Teil

Bericht: Was macht ein Verfahrensbeistand? 3. Teil

Wenn Familiensachen verhandelt werden, wird oft ein Verfahrensbeistand bestellt. Als eine Art Anwalt des Kindes setzt er sich dann für seine Interessen ein. Doch wann bestimmt das Gericht überhaupt einen Verfahrensbeistand?

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Bericht Was macht ein Verfahrensbeistand 3. Teil

Welche Rechte hat er? Welche Aufgaben übernimmt er? Wer entscheidet, wer zum Verfahrensbeistand wird? Und was ist, wenn ein Elternteil mit dem Verfahrensbeistand oder seiner Einschätzung nicht einverstanden ist?

Die Rechtsfigur des Verfahrensbestands gibt es schon sehr lange. Bis September 2009 hieß er allerdings noch Verfahrenspfleger. Trotzdem wissen viele Betroffene nicht, was es mit dieser Rechtsfigur auf sich hat.

Andererseits ist das auch nicht unbedingt verwunderlich, denn familienrechtliche Streitigkeiten vor Gericht zu klären, wünscht sich vermutlich niemand.

Jedenfalls stellen wir die Rechtsfigur in einem mehrteiligen Bericht einmal genauer vor. Dabei ging es in den beiden ersten Teilen darum, was ein Verfahrensbeistand genau ist und was er macht.

Jetzt, im 3. und letzten Teil schauen wir uns an, wer zum Verfahrensbeistand bestimmt wird und was die Beteiligten tun können, wenn ihnen die Arbeit des Verfahrensbeistands missfällt:

Wer entscheidet darüber, ob und wer zum Verfahrensbeistand bestellt wird?

Die Entscheidung darüber, ob ein Verfahrensbeistand bestellt wird, trifft das Gericht. Die Eltern können zwar beantragen, dass ihrem Kind ein Verfahrensbeistand zur Seite gestellt wird. Ebenso können die Anwälte der Elternteile einen entsprechenden Antrag stellen.

Und auch das Jugendamt kann die Bestellung eines Verfahrensbeistands anregen. Letztlich liegt es aber im Ermessen des Gerichts, ob es die Notwendigkeit für einen Verfahrensbeistand sieht.

Entscheidet sich das Gericht dagegen, muss es in seinem Urteil später ausführen, warum es auf den Verfahrensbeistand verzichtet hat.

Das Familiengericht bestimmt nicht nur, ob überhaupt ein Verfahrensbeistand bestellt wird. Stattdessen entscheidet das Gericht auch darüber, wen es für diese Aufgabe einsetzt.

Je nach Sachverhalt kann das Gericht dabei zum Beispiel einen Anwalt, einen Sozialpädagogen, einen Sozialarbeiter oder auch einen Angehörigen des Kindes zum Verfahrensbeistand bestellen.

Entscheidend ist, dass der Verfahrensbeistand sowohl aus persönlicher als auch aus fachlicher Sicht für die Aufgabe geeignet ist.

Die “BAG Verfahrensbeistandschaft/ Interessenvertretung für Kinder und Jugendliche e.V.” hat in diesem Zusammenhang ein paar Voraussetzungen erarbeitet. Und bei ihrer Auswahl orientieren sich die Familiengerichte meist an diesen Voraussetzungen.

Demnach sollte ein Verfahrensbeistand folgendes mitbringen:  

  • abgeschlossenes Sozialpädagogik-, Pädagogik-, Psychologie- oder Jura-Studium

  • mehrere Jahre Berufspraxis

  • anerkanntes Zertifikat über eine Weiterbildung zum Verfahrensbeistand

  • polizeiliches Führungszeugnis ohne Eintragungen

Können die Betroffenen den bestellten Verfahrensbeistand ablehnen?

In der Praxis zeigt sich regelmäßig, dass der Verfahrensbeistand eine wichtige Hilfe für das Kind sein kann. Denn im Verfahren vertritt er das Kind als unabhängiger Dritter.

Er stellt sicher, dass die Interessen des Kindes eigenständig berücksichtigt werden und nicht nur im Zusammenhang mit den elterlichen Interessen Beachtung finden.

Vor allem wenn die Eltern einen Rosenkrieg führen und dabei auch die Kinder als Machtinstrumente einsetzen, ist das sehr wichtig.

Außerdem kann die Verfahrensdauer oft verkürzt werden. Der Verfahrensbeistand kann nämlich viele Punkte schon im Vorfeld klären. Dadurch kann es möglich werden, bereits beim ersten Gerichtstermin einen Vergleich auszuhandeln oder eine Entscheidung zu treffen.

Je schneller das Verfahren abgeschlossen werden kann, desto früher endet die Ungewissheit und das Kind bekommt die Sicherheit, wie es künftig weitergeht, zurück.

Nicht zuletzt ist der Verfahrensbeistand auch eine Entlastung für das Kind. Denn wenn ein Verfahrensbeistand bestellt ist, kann das Familiengericht oft darauf verzichten, das Kind persönlich anzuhören.

Nun nutzt das alles aber nichts, wenn ein Elternteil mit dem bestellten Verfahrensbeistand nicht einverstanden ist. Doch weil genau das immer wieder vorkommt, taucht regelmäßig auch die Frage auf, ob es möglich ist, einen Verfahrensbeistand abzulehnen und die Entbindung von seinen Aufgaben zu beantragen.

An diesem Punkt lautet die Antwort kurz und knapp: Nein. Das Gesetz sieht eine Ablehnung des Verfahrensbeistands durch die Eltern nicht vor.

Ablehnung wegen Befangenheit

Manchmal möchte ein Elternteil den bestellten Verfahrensbeistand ablehnen, weil die Sorge im Raum steht, dass der Verfahrensbeistand befangen sein könnte. Gemäß § 6 Abs. 1 FamFG können aber nur Gerichtspersonen abgelehnt werden. Und weil der Verfahrensbeistand nicht zu den Gerichtspersonen zählt, scheidet diese Möglichkeit von vorneherein aus.

Hinzu kommt, dass Befangenheit als Grund für eine Ablehnung ausgeschlossen ist. Denn der Verfahrensbeistand wird eingesetzt, um die Interessen des Kindes zu vertreten.

Anders als zum Beispiel ein Sachverständiger oder ein Dolmetscher ist der Verfahrensbeistand kein Gehilfe des Gerichts, der unparteilich auftreten muss. Im Gegenteil soll er gerade als einseitiger Interessenvertreter im Sinne des Kindes handeln.

Maßgeblich für ihn ist nur das Kindeswohl. Seine Rechtsstellung ist deshalb mit einem Rechtsanwalt vergleichbar, der einen Mandanten vertritt.

Aus diesem Grund greifen die Vorschriften, die bei der Ablehnung eines Sachverständigen oder eines Dolmetschers angewendet werden, beim Verfahrensbeistand nicht (Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Beschluss vom 14.04.16, Az. 12 UF 140/15 und OLG Köln, Beschluss vom 08.06.16, Az. II-10 UF 200/15).

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Entbindung des Verfahrensbeistands von seinen Aufgaben

Grundsätzlich steht der Verfahrensbeistand nicht unter der Aufsicht des Gerichts. Deshalb kann das Familiengericht auch kaum beeinflussen, wie der Verfahrensbeistand seine Aufgaben erledigt.

Gemäß § 158 Abs. 1 FamFG muss das Gericht zwar jemanden auswählen, der sich im jeweiligen Einzelfall als Verfahrensbeistand eignet.

Zeigt sich, dass die eingesetzte Person ungeeignet ist, muss das Gericht den Sachverhalt prüfen. Bestätigt sich die Vermutung, beendet das Gericht die Beistandschaft und bestellt eine andere Person.

Aber Voraussetzung dafür ist, dass der eingesetzte Verfahrensbeistand seinen Aufgaben nicht ordnungsgemäß nachkommt oder seine Pflichten grob verletzt.

Dass ein Elternteil die Stellungnahme des Verfahrensbeistands für falsch hält oder insgesamt mit seiner Arbeit nicht zufrieden ist, ist keine Grundlage, die es rechtfertigen würde, dass der Verfahrensbeistand von seinen Aufgaben entbunden wird.

Das bedeutet für die Eltern:

Hat das Gericht einen Verfahrensbeistand bestellt, wird den Eltern in aller Regel nichts anderes übrig bleiben, als die gerichtliche Entscheidung zu akzeptieren.

Allerdings kann jedes Elternteil zusammen mit seinem Anwalt die Stellungnahme des Verfahrensbeistands hinterfragen, die Einschätzungen auseinandernehmen und aus seiner Sicht falsche Aussagen widerlegen.

Zudem sollten die Eltern immer im Hinterkopf haben: Der Verfahrensbeistand äußert lediglich eine Empfehlung. Die Entscheidung trifft das Gericht. Dabei kann das Familiengericht dem Verfahrensbeistand folgen.

Aber es ist nicht an seine Empfehlung gebunden. Stattdessen entscheidet das Gericht stets nach seinem eigenen Ermessen.

Daneben bleibt immer noch die Möglichkeit, Rechtsmittel einzulegen, um so gegen das gerichtliche Urteil vorzugehen. Nur sollten die Eltern im Eifer des Gefechts oder aus einem falschen Stolz heraus niemals aus dem Blick verlieren, was das Beste für das Kind ist.

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