Bericht: Alles Wichtige zum gesetzlichen Mindestlohn
Seit dem 1. Januar 2015 gilt in Deutschland das Mindestlohngesetz, kurz MiLoG. Darin ist die Untergrenze für den Lohn verbindlich festgelegt. Gut 3,7 Millionen Arbeitnehmer profitieren von dieser Regelung – allen voran Arbeitnehmer, die eher einfache Jobs ausüben und für deren Beschäftigungsverhältnis kein Tarifvertrag greift.
Nur: Wer hat eigentlich Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn? Und wie hoch fällt er aus?
Dieser Bericht erklärt alles Wichtige zum gesetzlichen Mindestlohn!:
Arbeit sichert die Existenzgrundlage. Und es herrscht Einigkeit darüber, dass sich Arbeit lohnen muss. Wer seine Kraft investiert und tagtäglich Leistung erbringt, soll von seiner Arbeit auch leben können.
Auf der anderen Seite muss das Verhältnis zwischen Bezahlung und Produktivität ausgewogen sein. Andernfalls besteht die Gefahr, dass sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze verloren gehen.
Vor der Einführung des gesetzlichen Mindestlohns sorgten in erster Linie Tarifverträge dafür, dass dieses Gleichgewicht gegeben war. Allerdings steckt der Arbeitsmarkt in einem Wandel. So sinkt die Anzahl der Arbeitnehmer, die in tarifgebundenen Unternehmen tätig sind. Und rund 15 Prozent aller Beschäftigten arbeiten im sogenannten Niedriglohnsektor.
Das Mindestlohngesetz will an diesem Punkt ansetzen. Es soll insbesondere die Arbeitnehmer unterstützen, die mit ihrem Arbeitseinkommen kaum ihren Lebensunterhalt bestreiten können.
Inhalt
Wie hoch ist der gesetzliche Mindestlohn?
Als der gesetzliche Mindestlohn zum 1. Januar 2015 eingeführt wurde, belief er sich auf 8,50 Euro brutto pro Stunde. 2017 wurde er dann auf 8,84 Euro brutto angehoben. Die nächste Erhöhung ist für 2019 geplant. Dann soll der gesetzliche Mindest-Stundenlohn auf 9,19 Euro brutto steigen.
Die Kommission, die die Höhe des gesetzlichen Mindestlohns festgelegt, besteht aus je drei Vertretern von Arbeitnehmer- und Arbeitgeber-Verbänden. Alle zwei Jahre überprüft die Kommission die Höhe und passt den Mindestlohn entsprechend an. Der deutsche Zoll wiederum überwacht, ob die Arbeitgeber die Lohnuntergrenze einhalten.
Wer hat Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn?
Um die Einführung und Umsetzung des Mindestlohns einfacher zu gestalten, gab es zunächst Sonderregelungen und Übergangsfristen. Vor allem in Branchen, in denen die üblichen Stundensätze deutlich unter dem Mindestlohn lagen, durfte es vorübergehend bei einer niedrigeren Bezahlung bleiben. Doch damit ist seit Anfang 2018 Schluss. Seitdem ist die gesetzliche Lohnuntergrenze verbindlich – in allen Branchen und bundesweit.
Es gibt zwar nach wie vor ein paar Branchen und Berufsgruppen, bei denen abweichende Regelungen greifen. Das Baugewerbe oder die Pflege sind Beispiele dafür. Hier sind die Mindestlöhne auf Basis von Rechtsverordnungen oder Tarifverträgen festgelegt. Solche Ausnahmen unterliegen aber sehr strengen Bedingungen.
Und grundsätzlich haben branchenspezifische Entgeltvereinbarungen nur dann Bestand, wenn sie den Stundenlohn, den der Gesetzgeber als Lohnuntergrenze vorschreibt, nicht unterschreiten. Es kann also einen Mindestlohn geben, der spezifisch für die jeweilige Branche oder Berufsgruppe gilt. Nur darf dieser branchenspezifische Mindestlohn nicht niedriger sein als der gesetzliche Mindestlohn.
Der gesetzliche Mindestlohn wiederum steht prinzipiell jedem volljährigen Arbeitnehmer zu. Prinzipiell deshalb, weil ein paar Gruppen keinen Anspruch auf den Mindestlohn haben.
Diese Gruppen sind:
- Azubis während ihrer Berufsausbildung
- Arbeitnehmer, die unter 18 Jahre alt sind und keine abgeschlossene Ausbildung haben
- Praktikanten, die im Rahmen ihrer Ausbildung Pflichtpraktika absolvieren oder die freiwillig ein Praktikum machen, das kürzer andauert als drei Monate
- Langzeitarbeitslose in den ersten sechs Monaten des Beschäftigungsverhältnisses, wenn sie zuvor mindestens zwölf Monate lang erwerbslos waren
- Mitarbeiter, die ehrenamtlich arbeiten
- Alle anderen Teilnehmer am Arbeitsmarkt haben Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn.
Der Mindestlohn in der Pflege
Im Bereich der Pflege gibt es einen eigenen Pflege-Mindestlohn. Er beläuft sich seit Januar 2018 im Westen auf 10,55 Euro brutto, im Osten sind es 10,05 Euro brutto. Die nächsten Erhöhungen sind für 2019 und 2020 vorgesehen.
Festgelegt wird die Vergütung von einer Pflegemindestlohn-Kommission. Dass der Mindestlohn in der Pflege höher ist als der gesetzliche Mindestlohn, soll verdeutlichen, wie wichtig die Pflege für die Gesellschaft ist. Und vor allem Pflegehilfskräfte profitieren von dieser Regelung.
Aber Achtung: Der Pflege-Mindestlohn gilt nur für Arbeitnehmer, die im Bereich der stationären Pflege arbeiten oder bei einem ambulanten Pflegedienst angestellt sind. Pflegekräfte in Privathaushalten haben nur Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn von derzeit 8,84 Euro brutto je Stunde (bzw. 9,19 Euro ab 2019).
Zwei interessante Gerichtsurteile zum gesetzlichen Mindestlohn
Auch wenn es klare Regelungen gibt, klappt die Umsetzung nicht mehr reibungslos. Deshalb war der gesetzliche Mindestlohn schon öfter ein Thema, das zu Streitigkeiten zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber führte und letztlich die Gerichte beschäftigte. Zwei wichtige Urteile in diesem Zusammenhang haben wir beispielhaft herausgesucht.
- Arbeitsgericht Berlin, Az. 28 Ca 2405/15, Urteil vom 17. April 2015
Ein Hausmeister arbeitete seit sechs Jahren in einem Kleinstkunstbetrieb. Im seinem Arbeitsvertrag war ein Stundenlohn von 5,19 Euro vereinbart. Als der Hausmeister eine Aufstockung des Arbeitsentgelts auf den gesetzlichen Mindestlohn verlangte, bot ihm sein Arbeitgeber einen Stundenlohn von 10,15 Euro an. Gleichzeitig wollte der Arbeitgeber die Arbeitszeit pro Monat aber von 56 auf 32 Stunden verringern. Der Hausmeister lehnte diesen Vorschlag ab. Daraufhin kündigte der Arbeitgeber den Arbeitsvertrag.
Der Hausmeister wehrte sich gegen die Kündigung – und das Arbeitsgericht Berlin gab ihm Recht. Da in dem Betrieb nur wenige Mitarbeiter tätig sind, brauche der Arbeitgeber zwar keinen besonderen Grund für eine wirksame Kündigung. Allerdings wertete das Gericht die vorliegende Kündigung als unerlaubte Maßreglung gemäß § 612a BGB. Demnach dürfe der Arbeitgeber einen Mitarbeiter nicht benachteiligen, nur weil dieser von seinen Rechten Gebrauch mache. Deshalb sei die Kündigung nicht wirksam.
- Bundesarbeitsgericht, Az. 10 AZR 191/14, Urteil vom 13. Mai 2015
Einer pädagogischen Mitarbeiterin stand laut geltendem Tarifvertrag ein Mindestlohn von 12,60 Euro brutto zu. Ihr Arbeitgeber bezahlte diesen Mindestlohn aber nur für die Arbeitsstunden, die die Mitarbeiterin tatsächlich gearbeitet hatte, und für die Urlaubstage. An gesetzlichen Feiertagen legte der Arbeitgeber einen niedrigen Stundenlohn, der im Arbeitsvertrag stand, zugrunde. Auch Krankheitstage und Ansprüche auf eine Urlaubsabgeltung vergütete der Arbeitgeber mit dem niedrigeren Stundenlohn. Die Mitarbeiterin wollte das so nicht akzeptieren und zog vor Gericht, um eine Nachzahlung zu erwirken.
Das Verfahren ging bis vors Bundesarbeitsgericht (BAG). Und das BAG gab der Klägerin Recht. Die Richter führten aus, dass die Mitarbeiterin nach dem Entgeltausfallprinzip, das sich aus dem Entgeltfortzahlungsgesetz ableitet, Anspruch auf die Vergütung hat, die sie ohne den Arbeitsausfall erhalten würde. Das gelte auch, wenn die Arbeitszeit aufgrund eines gesetzlichen Feiertages oder einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit ausfällt. Die Höhe einer Urlaubsabgeltung wiederum ergibt sich aus der durchschnittlichen Vergütung der letzten 13 Wochen. So schreibe es das Bundesurlaubsgesetz vor. Eine Mindestlohn-Regelung, aus der sich die Höhe des Arbeitsentgelts ergibt, hebe diese beiden Regelungen nicht auf.
Übrigens: Weitere Infos zum Mindestlohn stellt das Bundesarbeitsministerium auf seiner Webseite zur Verfügung. Außerdem betreibt das Ministerium ein Bürgertelefon, an das sich Arbeitnehmer mit ihren Fragen wenden können. Das Bürgertelefon ist von Montag bis Donnerstag zwischen 8 und 20 Uhr unter der Rufnummer 030 60280028 erreichbar.
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