Bericht: Was macht ein Verfahrensbeistand? 1. Teil

Bericht: Was macht ein Verfahrensbeistand? 1. Teil

Die Rechtsfigur des Verfahrenspflegers gibt es im Familienrecht schon lange. Nur heißt der Verfahrenspfleger inzwischen Verfahrensbeistand. Der Name wurde im September 2009 geändert. Seinerzeit trat ein neues Verfahrensrecht in Kraft. Die Rechtsfigur selbst hat sich aber nicht verändert.

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Bestellt wird ein Verfahrensbeistand üblicherweise in Familiensachen. Als eine Art Anwalt des Kindes vertritt er dann die Interessen dieses Kindes.

Nur: Was genau ist ein Verfahrensbeistand überhaupt? Welche Aufgaben hat er? Wann wird er vom Familiengericht eingesetzt? Und wer entscheidet darüber, wer zum Verfahrensbeistand wird?

In einem mehrteiligen Bericht beantworten wir die wichtigsten Fragen rund um den Verfahrensbeistand:

Was gehört zu den sogenannten Kindschaftssachen?

In einem Familienrechtsstreit kann das Gericht einen Verfahrensbeistand bestellen. Dabei betrifft das in erster Linie Verfahren, die sich mit den sogenannten Kindschaftssachen beschäftigen.

Das wiederum sind Gerichtsprozesse, bei denen es um folgende Sachverhalte geht:

  • Elterliche Sorge: Bei welchem Elternteil soll das Kind nach der Trennung leben?

  • Umgangsrecht: Wann, wie oft und wie lange darf der Elternteil, bei dem das Kind nicht lebt, das Kind zu sich holen?

  • Vormundschaft: Wer soll gesetzlicher Vertreter des Kindes sein, zum Beispiel nach dem Entzug der elterlichen Sorge?

  • Pflegschaft: Wer soll künftig an Entscheidungen beteiligt sein, die die elterliche Sorge betreffen?

  • Kindesherausgabe, beispielsweise wenn das Kindeswohl gefährdet scheint

  • Freiheitsentziehende Unterbringung, zum Beispiel in einer geschlossenen Kinderpsychiatrie

Auch in internationalen Verfahren, die über die Landesgrenzen hinaus Kindesentführungen oder das Umgangsrecht zum Thema haben, ordnet das Gericht einen Verfahrensbeistand bei.

Wie bezieht das Gericht ein Kind in ein familienrechtliches Verfahren ein?

Das Familiengericht kann Kinder und Jugendliche entweder direkt oder indirekt an dem Verfahren beteiligen.

Eine direkte Beteiligung geschieht, indem das Gericht das Kind persönlich anhört. So eine persönliche Anhörung findet grundsätzlich statt, wenn das Kind mindestens 14 Jahre alt ist.

Ist das Kind noch keine 14 Jahre alt, wird es persönlich angehört, wenn sein Wille, seine Neigungen oder seine Bindungen Einfluss auf die Gerichtsentscheidung haben. Diese Regelungen ergeben sich aus § 159 Abs. 1 und 2 FamFG.

Ganz praktisch bedeutet das: Sobald das Kind erklären kann, was es möchte, muss das Familiengericht das Kind auch anhören. Der Verfahrensbeistand ist bei der Anhörung dabei. Die Eltern und die Anwälte hingegen sind in aller Regel nicht anwesend.

Anstelle der persönlichen Anhörung kann das Gericht einen Sachverständigen beauftragen, ein Gutachten zu erstellen. Der Sachverständige befragt dann das Kind, manchmal führt er auch Tests durch. Das Erstellen eines Gutachtens ist ebenfalls eine Form der direkten Beteiligung.

Setzt das Familiengericht einen Verfahrensbeistand ein, handelt es sich um eine indirekte Beteiligung des Kindes.

Dabei sieht § 158 Abs. 1 FamFG vor, dass das Gericht dann einen Verfahrensbeistand bestellen soll, wenn dadurch sichergestellt wird, dass die Interessen eines minderjährigen Kindes gewahrt bleiben.

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Wann bestellt das Familiengericht einen Verfahrensbeistand?

Die Fälle, in denen das Familiengericht dem Kind einen Verfahrensbeistand zur Seite stellen soll, sind in § 158 Abs. FamFG aufgeführt.

Demnach wird ein Verfahrensbeistand notwendig, wenn

  • die Interessen des Kindes im Gegensatz zu den Interessen seiner gesetzlichen Vertreter stehen, das Kind also etwas anderes will als seine Eltern.

  • das Verfahren dazu führen kann, dass die Personensorge anteilig oder komplett entzogen wird. Oft geht solchen Verfahren voraus, dass einem oder beiden Elternteilen ein Fehlverhalten vorgeworfen wird. Das Familiengericht entscheidet daraufhin, ob und in welchem Umfang das Sorgerecht bei den Eltern bleibt.

  • das Kind von der Person getrennt werden soll, bei der es in Obhut ist.

  • eine gerichtliche Anordnung zum Verbleib oder zur Herausgabe des Kindes im Raum steht.

  • über eine Beschränkung oder den Ausschluss des Umgangsrechts verhandelt wird.

Dabei soll das Familiengericht den Verfahrensbeistand nach dem Willen des Gesetzgebers möglichst früh bestellen. Die Idee dahinter ist, dass das Kind mit dem Verfahrensbeistand an seiner Seite so Einfluss darauf nehmen kann, wie das Gerichtsverfahren abläuft und mit welcher Entscheidung es endet.

Liegt ein Regelfall vor, aber möchte das Familiengericht auf einen Verfahrensbeistand verzichten, müssen besondere Gründe vorliegen. Das Familiengericht muss diese Gründe auch erklären.

Ein möglicher Fall dabei ist, dass die Entscheidung keine allzu große Tragweite hat und sich an der rechtlichen Position der Beteiligten und am künftigen Leben des Kindes wenig ändern wird. Gleiches gilt, wenn alle Beteiligten ähnliche Ziele haben, sich also im Prinzip einig sind.

Außerdem kann das Gericht auf einen Verfahrensbeistand verzichten, wenn die Interessen des Kindes schon in anderer Form zum Tragen kommen. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn das Kind von einem Ergänzungspfleger oder einem Anwalt vertreten wird.

Welche Rechte hat der Verfahrensbeistand?

Wird ein Verfahrensbeistand bestellt, wird er dadurch zu einem Beteiligten im Gerichtsverfahren. Seine Aufgabe ist, die Rechte des Kindes wahrzunehmen. Allerdings ist ein Verfahrensbeistand nicht an die Weisungen des Kindes gebunden.

An dieser Stelle unterscheidet sich die Aufgabe eines Verfahrensbeistands maßgeblich von der Aufgabe eines Anwalts. Denn ein Anwalt hat dem Auftrag seines Mandanten zu folgen. Wenn er das nicht kann oder nicht will, muss er das Mandat niederlegen.

Der Verfahrensbeistand ist auch dazu berechtigt, im Interesse des Kindes Rechtsmittel gegen einen gerichtlichen Beschluss einzulegen. Als Verfahrensbeteiligter hat er außerdem ein Mitspracherecht bei Vergleichen.

Selbst wenn sich die Eltern auf einen Vergleich einigen, muss der Verfahrensbeistand nicht zustimmen. Ist die Einigung nicht im Interesse des Kindes, kann der Verfahrensbeistand den Vergleich also ablehnen.

Insgesamt hat ein Verfahrensbeistand in erster Linie die Aufgabe, die Interessen des Kindes zu vertreten. Die Rechte des Kindes im eigentlichen Sinne vertritt er weniger.

Insbesondere mit Blick auf materielle Rechte muss deshalb eine weitere Person bestellt werden. Bei Kindern unter 14 Jahren ist das ein Ergänzungspfleger, bei Jugendlichen über 14 Jahren ein Rechtsanwalt.

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