Bericht: Das Erbe abtreten – wie geht das? 1. Teil

Bericht: Das Erbe abtreten – wie geht das? 1. Teil

Wer etwas geerbt hat, kann frei über seinen Erbteil bestimmen. Denn dieser Anteil am Nachlass gehört ihm. Deshalb bleibt es auch allein der Entscheidung des Erben überlassen, ob er die Vermögenswerte behält oder ob er sie an einen Dritten abtritt. Dabei kann es verschiedene Gründe geben, warum der Erbe seinen Anteil am Nachlass abtreten möchte.

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Bericht Das Erbe abtreten - wie geht das 1. Teil

So ist zum Beispiel denkbar, dass der Erbe wirtschaftlich gut dasteht und will, dass ein Verwandter profitiert, der den Erbteil dringender braucht. Genauso ist möglich, dass dem Erben wichtig ist, dass alles beim Alten bleibt.

Vielleicht möchte sich der Erbe aber auch nervige Diskussionen mit der Erbengemeinschaft ersparen. Oder er will seinen Erbteil einfach so schnell wie möglich zu Geld machen.

Bleibt aber die Frage, wie das Erbe abgetreten werden kann. In einem zweiteiligen Bericht erklären wir, welche Möglichkeiten es gibt und welche gesetzlichen Regelungen der Erbe beachten muss:

Das Erbe abtreten, bevor der Erbfall eingetreten ist

Wenn der Erbe weiß, dass er seinen Erbteil später ohnehin an einen Miterben abtreten wird, kann er die Übertragung schon vorab vereinbaren. Die Vereinbarung kann unabhängig davon getroffen werden, wie es dem Erblasser geht.

Selbst wenn sich der Erblasser bester Gesundheit erfreut und der Erbfall noch gar nicht zur Debatte steht, können die Erben bereits die Aufteilung des Nachlasses unter sich regeln.

  • 311b Abs. 4 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) besagt zwar, dass Verträge über den Nachlass eines Dritten nichtig sind, wenn sie zu Lebzeiten des Erblassers geschlossen werden. Doch gleich im nächsten Absatz wird die Regelung schon wieder eingeschränkt. In Abs. 5 heißt es nämlich:

Absatz 4 gilt nicht für einen Vertrag, der unter künftigen gesetzlichen Erben über den gesetzlichen Erbteil oder den Pflichtteil eines von ihnen geschlossen wird.“

Die gesetzlichen Erben können somit schon vor dem Eintritt des Erbfalls in einem rechtgültigen Vertrag verbindlich regeln, was mit den einzelnen Erbanteilen geschehen soll.

Ein Beispiel:

Der Erblasser hat einen Sohn und eine Tochter. Da beide Kinder zum Kreis der gesetzlichen Erben gehören, kann sich der Sohn vertraglich dazu verpflichten, seinen Erbteil später an seine Schwester abzutreten. Im Gegenzug kann sich die Schwester dazu verpflichten, ihrem Bruder einen bestimmten Geldbetrag auszuzahlen.

Allerdings müssen die Geschwister nicht vereinbaren, dass die Schwester den Erbteil gewissermaßen abkauft. Stattdessen kann der Vertrag auch vorsehen, dass der Bruder seinen Erbteil unentgeltlich oder gegen eine andere Leistung an seine Schwester abtritt.

Die formalen Voraussetzungen

Zu Lebzeiten des Erblassers können nur gesetzliche Erben wirksam einen Vertrag schließen, der den künftigen Nachlass regelt. Es ist nicht möglich, dass der Erbe so einen Vertrag beispielsweise mit einem Bekannten des Erblassers schließt, der im Testament bedacht ist.

Denn der Bekannte ist kein gesetzlicher Erbe und hat deshalb auch keinen Anspruch auf den Pflichtteil oder einen gesetzlichen Erbteil. Doch das ist Voraussetzung.

Außerdem muss ein Notar den Vertrag beurkunden. Eine Vereinbarung, die der Erbe und sein Vertragspartner selbst aufsetzen, ist nicht wirksam. Auch dann nicht, wenn beide die Vereinbarung unterschrieben haben. Rechtsgültig wird der Vertrag erst und nur durch die notarielle Beurkundung.

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Übrigens:

Mit einer vorweggenommenen Erbfolge hat der Vertrag nichts zu tun. Denn der Erblasser bleibt bei der Vereinbarung außen vor. Er bestimmt nicht darüber, wie das Erbe aufgeteilt wird oder welcher Erbe seinen Erbteil an wen überträgt.

Die Regelungen und Absprachen treffen ausschließlich die künftigen, gesetzlichen Erben untereinander.

Das Erbe abtreten, nachdem der Erbfall eingetreten ist

Ist der Erblasser verstorben und hat der Erbe dadurch geerbt, kann er mit seinem Anteil am Nachlass machen, was er will. Sofern er nicht der Alleinerbe ist, gehört ihm der Erbteil aber nicht sofort. Gibt es mehrere Erben, ist der Nachlass nämlich zunächst Eigentum der Erbengemeinschaft.

Deshalb kann der Erbe nicht bestimmen, was mit den Anteilen oder einzelnen Gegenständen aus dem Nachlass passiert. Zum Eigentümer seines Erbteils wird er erst nach der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft. Danach kann er dann frei über seinen Erbteil verfügen.

Übrigens:

Im Zusammenhang mit einer Erbschaft bedeutet Auseinandersetzung nicht, dass sich der Erbe mit seinen Miterben um den Nachlass streitet. Mit Auseinandersetzung ist lediglich gemeint, dass das Erbe unter allen Mitgliedern, die zur Erbengemeinschaft gehören, aufgeteilt wird.

Eine Auseinandersetzung findet deshalb immer statt, wenn ein Erblasser mehrere Personen beerbt, die dadurch eine Erbengemeinschaft bilden. Und in diesem Zuge wird der Nachlass auseinandergesetzt.

Nachdem der Nachlass aufgeteilt ist, kann der Erbe seinen Anteil am Nachlass an einen Dritten abtreten, wenn er ihn selbst nicht behalten möchte. Dabei kann er den Erbteil verkaufen, eintauschen oder verschenken.

Es bleibt auch seiner Entscheidung überlassen, an wen er den Erbteil abgibt. Der Erbe muss seinen Erbteil also nicht auf einen Miterben übertragen, sondern kann ihn genauso gut an einen Verwandten, Freund oder komplett Fremden abtreten.

Die Formalitäten

Entschließt sich der Erbe dazu, seinen Erbteil an einen Dritten zu veräußern, der nicht zur Erbengemeinschaft gehört, haben die Miterben ein Vorkaufsrecht. Dieses Vorkaufsrecht ist in § 2034 BGB geregelt.

Hintergrund dieser Regelung ist, dass der Gesetzgeber die Miterben davor schützen möchte, dass ein Fremder Teil der Erbengemeinschaft wird und plötzlich am Familiennachlass beteiligt ist. Klammheimlich umgehen, kann der Erbe die anderen Erben also nicht.

Das Vorkaufsrecht bleibt zwei Monate lang bestehen. Innerhalb dieser zwei Monate können die Miterben entscheiden, ob sie dem Erben seinen Erbteil abkaufen möchten. Hat keiner der Miterben Interesse, hat der Erbe freie Wahl, an wen er seinen Anteil verkauft.

Das Vorkaufsrecht kommt aber nur dann zum Tragen, wenn der Erbe seinen Anteil durch einen Verkauf abtreten will. Möchte er seinen Erbteil eintauschen oder verschenken, haben die anderen Mitglieder der Erbengemeinschaft kein Mitspracherecht.

Tritt der Erbe seinen Erbteil an einen Dritten ab, muss der Notar auch diesen Vertrag beurkunden. Eine Vereinbarung auf privater Basis ist nicht wirksam. Außerdem muss der Erbe sowohl seine Miterben als auch das zuständige Nachlassgericht darüber informieren, dass er seinen Erbteil abgetreten hat.

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Vorsicht:

Überträgt der Erbe seinen Anteil durch einen Verkauf, einen Tausch oder eine Schenkung an einen Dritten, gibt er damit nur die entsprechenden Vermögenswerte ab. Die Rechtsstellung als Erbe behält er.

Er ist und bleibt also nach wie vor Erbe und haftet deshalb auch weiterhin für zum Beispiel Verbindlichkeiten aus dem Nachlass.

Im 2. Teil erklären wir mit der sogenannten Abschichtung die dritte Möglichkeit, um ein Erbe abzutreten.

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