Bericht: Das Erbe abtreten – wie geht das? 2. Teil
Mal steht einem Erben zwar ein Erbteil zu, doch er ist wirtschaftlich so gut gestellt, dass er zugunsten eines Miterben darauf verzichten kann und will. Einem anderen Erbe ist es vielleicht ein Anliegen, dass alles so bleibt, wie es ist. Wieder ein anderer Erbe möchte sich langwierige und nervige Diskussionen mit der Erbengemeinschaft ersparen. Gut möglich ist aber auch, dass ein Erbe seinen Anteil so schnell wie möglich zu Geld machen will.
Warum ein Erbe darüber nachdenkt, seinen Erbteil abzutreten, kann viele verschiedene Gründe haben. Und als rechtmäßiger Erbe bleibt es allein seiner Entscheidung überlassen, was er mit seinem Anteil am Nachlass macht. So kann er die Vermögenswerte annehmen und nutzen. Doch genauso kann er seinen Erbteil verkaufen, eintauschen oder verschenken.
Wie so oft in Erbsachen gibt es aber gesetzliche Regelungen und formale Vorgaben, die bei einer Übertragung des Erbteils an einen Dritten beachtet werden müssen. Sonst sind die Vereinbarungen möglicherweise nichtig.
In einem zweiteiligen Bericht erklären wir, welche Möglichkeiten ein Erbe hat und wie er jeweils vorgehen muss. Dabei ging es im 1. Teil darum, wie das Erbe schon vor und wie es nach dem Eintritt des Erbfalls abgetreten werden kann.
Hier ist der 2. Teil!:
Inhalt
Das Erbe durch Abschichtung abtreten
Eine weitere Möglichkeit, wie ein Erbe seinen Anteil am Nachlass abtreten kann, ist die sogenannte Abschichtung. Eine Abschichtung ist möglich, wenn der Erbe seinen Erbteil an die Miterben abgeben möchte.
Dazu erklärt er, dass er auf seine Rechte als Mitglied der Erbengemeinschaft verzichtet. Die Folge davon ist, dass er aus der Erbengemeinschaft ausscheidet und sein Erbteil zwischen den anderen Miterben aufgeteilt wird.
Der Begriff Abschichtung geht auf ein Grundsatzurteil zurück, das der Bundesgerichtshof im Jahr 1998 gefällt hat (Az. IV ZR 346/96). Darin bejahten die obersten Richter, dass ein Nachlass im Rahmen der persönlichen Auseinandersetzung in der Form aufgeteilt werden kann, dass ein Erbe gegen eine Abfindung aus der Erbengemeinschaft ausscheidet.
Die Abschichtung führt aber nicht dazu, dass der Erbe auf seinen Erbteil verzichtet. Stattdessen verzichtet er auf die Rechte an seinem Erbteil. Aus diesem Grund kommt es zu einer sogenannten Anwachsung gemäß § 2094 BGB. Anwachsung bedeutet, dass sich die Anteile der Miterben im Verhältnis zu ihren eigenen Erbanteilen erhöhen.
Ein Beispiel:
Eine Erbengemeinschaft besteht aus vier Geschwistern, die alle zu gleichen Teilen erben. Ein Erbe entschließt sich nun, seinen Anteil durch Abschichtung an seine Geschwister abzutreten. Deshalb wird sein Erbteil gleichmäßig auf die drei Miterben verteilt. Die Anwachsung führt dann dazu, dass sich die Erbteile der drei Geschwister um jeweils ein Drittel des Erbteils vom ausgeschiedenen Erben erhöhen.
Dafür, dass der Erbe seinen Anteil abtritt, wird bei einer Abschichtung als Gegenleistung meist eine Abfindung vereinbart. Die Höhe dieser Abfindung können die Miterben frei untereinander aushandeln. Verpflichtend ist eine Abfindung aber nicht. Wenn der Erbe keine Gegenleistung will, kann er die Abschichtung auch ohne durchführen.
Allerdings sollte der Erbe im Hinterkopf haben, dass er seine Rechtsstellung als Erbe behält. Obwohl er die Rechte an den Vermögenswerten abgetreten hat, kann er für Verbindlichkeiten aus dem Nachlass also weiterhin in Haftung genommen werden.
Die formalen Vorgaben
Die Abschichtung muss nicht in öffentlich beglaubigter Form vereinbart werden. Es reicht, wenn der Erbe ein eigenes Schreiben aufsetzt und darin erklärt, dass er auf seine Rechte als Mitglied der Erbengemeinschaft verzichtet.
Außerdem kann er in dem Schriftstück festhalten, ob er im Gegenzug eine Abfindung bekommt und wie hoch diese ausfällt. Ein Notar muss diese Vereinbarungen normalerweise nicht beurkunden.
Eine notarielle Beurkundung wird nur dann notwendig, wenn der Nachlass Immobilien umfasst und die Erbengemeinschaft schon als neuer Eigentümer ins Grundbuch eingetragen wurde. In diesem Fall muss ein Notar den Austritt aus der Erbengemeinschaft beurkunden. Sonst kann der Eintrag im Grundbuch nicht korrigiert werden.
Außerdem steht ein Notartermin an, wenn zur Abfindung des Erben Immobilien oder Firmenanteile gehören. Doch selbst hier fallen die Notarkosten deutlich geringer aus als bei einer Erbabtretung in der klassischen Form.
Andererseits kann es durchaus sinnvoll sein, die Abschichtung vom Notar beurkunden zu lassen. Denn zum einen besteht so nicht die Gefahr, dass die Vereinbarung wegen ungültiger Absprachen gar nicht wirksam werden kann. Zum anderen ist sichergestellt, dass alle Beteiligten die Vereinbarung einhalten.
Wichtig ist das nicht nur dann, wenn der Erbe Zweifel hat, ob die Miterben die Gegenleistung auch wirklich erbringen. Sondern vor allem, wenn im Zuge der Abschichtung vereinbart ist, dass der Erbe von einer Haftung gegenüber Gläubigern für Verbindlichkeiten aus dem Nachlass befreit wird.
Das Erbe abtreten und ein Erbe ausschlagen sind zwei paar Schuhe
Tritt der Erbe seinen Anteil am Nachlass ab, überträgt er die Rechte an seinem Erbteil auf eine oder mehrere andere Personen. Trotzdem ist und bleibt er rechtmäßiger Erbe. Das heißt gleichzeitig aber auch, dass er den Nachlass zuvor angenommen hat. Denn zunächst muss er Erbe werden, damit er über seinen Erbteil bestimmen kann.
Schlägt der Erbe die Erbschaft aus, wird er erst gar kein rechtmäßiger Erbe. Diese Möglichkeit gibt es ebenfalls. Denn jeder, der im Nachlass bedacht ist, kann selbst entscheiden, ob er das Erbe annimmt oder ablehnt.
Entschließt sich der Erbe zu einer Erbausschlagung, hat er mit dem Nachlass nichts zu tun. Er verzichtet auf sämtliche Rechte und Pflichten. Dazu gehört dann aber auch der Pflichtteil, der dem Erben nach dem Gesetz zustünde.
Möchte der Erbe die Erbschaft nicht antreten, muss er innerhalb von sechs Wochen eine entsprechende Erklärung beim Nachlassgericht abgeben. Ist die Sechs-Wochen-Frist abgelaufen, gilt das Erbe automatisch als angenommen. Nachträglich abzulehnen, ist dann nicht mehr möglich.
Lehnt ein Erbe ab, rückt derjenige nach, der laut gesetzlicher Erbfolge oder Testament an nächster Stelle steht. Der Nachrücker hat ebenfalls sechs Wochen Zeit, um sich zu entscheiden, ob er den Nachlass annimmt. Schlägt er aus und findet sich auch unter den weiteren Nachrückern kein Erbe, erbt schlussendlich der Staat.
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