Bericht: Was macht ein Verfahrensbeistand? 2. Teil

Bericht: Was macht ein Verfahrensbeistand? 2. Teil

Was früher der Verfahrenspfleger war, ist inzwischen der Verfahrensbeistand. Als im September 2009 ein neues Verfahrensrecht in Kraft trat, wurde die Rechtsfigur nämlich umbenannt. Doch geändert hat sich nur der Name, die Rechtsfigur selbst ist gleich geblieben.

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Bericht Was macht ein Verfahrensbeistand 2. Teil

Der Verfahrensbeistand ist im Familienrecht beheimatet und wird bestellt, wenn Kindschaftssachen verhandelt werden. Ähnlich wie ein Anwalt setzt er sich für die Interessen des Kindes ein.

Vielen Betroffenen ist diese Rechtsfigur aber kein Begriff. Das gilt vor allem dann, wenn sie keine Erfahrungen in familienrechtlichen Streitigkeiten haben.

In einem mehrteiligen Bericht klären wir deshalb die wichtigsten Fragen zum Verfahrensbeistand. Dabei ging es im 1. Teil darum, was Kindschaftssachen sind, wie das Familiengericht ein Kind in das Verfahren einbezieht, wann ein Verfahrensbeistand beigeordnet wird und welche Rechte der Verfahrensbeistand hat.

Jetzt, im 2. Teil, schauen wir uns die Aufgaben des Verfahrensbeistands an:

Was macht ein Verfahrensbeistand?

Die Hauptaufgabe des Verfahrensbeistands ist, die Interessen des Kindes festzustellen und im Gerichtsverfahren zu vertreten. Das ergibt sich aus § 158 Abs. 4 FamFG.

Dabei schließen die Interessen des Kindes einerseits seine subjektiven Interessen und damit seinen Willen ein. Andererseits zählen auch die objektiven Interessen und somit das Kindeswohl dazu. Der Verfahrensbeistand muss also im Blick haben, was das Kind will und was das Beste für das Kind ist.

Und was heißt das für die praktische Arbeit? In welcher Form und wie umfangreich der Verfahrensbeistand tätig wird, richtet sich nach den Umständen im Einzelfall. Hier kommen nämlich mehrere Faktoren zum Tragen.

Dazu gehören zum Beispiel der Inhalt des Gerichtsverfahrens, die Aufgabenstellung, aber auch wie alt das Kind ist und wie viele Geschwister es gibt. Dennoch gibt es einige Tätigkeiten, die eine Art Grundaufgaben des Verfahrensbeistands sind.

Die Aufgaben des Verfahrensbeistands dem Kind gegenüber

Der Verfahrensbeistand führt Gespräche mit dem Kind. Auf diese Weise möchte er in Erfahrung bringen, wie das Kind lebt, wie sein Alltag abläuft und was es als seinen Lebensmittelpunkt sieht. Außerdem befragt er das Kind dazu, was es will und welchen Ausgang des Gerichtsverfahrens es sich wünscht.

Daneben erklärt der Verfahrensbeistand dem Kind auf eine altersgerechte und nachvollziehbare Art den Ablauf des Verfahrens. Zudem zeigt er dem Kind die Möglichkeiten auf, die Entscheidung des Gerichts zu beeinflussen. In diesem Zuge bespricht er auch mit dem Kind, wie es den Konflikt gerne lösen würde.

Ist das Kind noch zu jung oder kann es solche Gespräche aus anderen Gründen nicht führen, beobachtet der Verfahrensbeistand, wie das Kind und seine Eltern miteinander umgehen. Auf diese Weise kann er sich ein Bild von der Beziehung und der Bindung machen.

Die Aufgaben gegenüber den Eltern

Auch mit den Eltern und anderen Bezugspersonen wie zum Beispiel den Geschwistern, den Großeltern oder den Lehrern des Kindes kann der Verfahrensbeistand Gespräche führen. Dabei kann er versuchen, die Weichen für eine einvernehmliche Lösung zu stellen.

Das ist möglich, indem der Verfahrensbeistand den Eltern beispielsweise über die Wünsche des Kindes berichtet und ihnen verdeutlicht, was die Bedürfnisse des Kindes sind oder wo das Kind einen konkreten Erziehungs- oder Förderbedarf hat.

Für den Verfahrensbeistand als neutrale und unabhängige Person stehen allein die Interessen des Kindes im Mittelpunkt. Deshalb gehört es zu seinen Aufgaben, den Eltern klarzumachen, wie sich ihr Kind die Lösung vorstellt und wünscht.

Gleichzeitig muss der Verfahrensbeistand sicherstellen, dass der Wille des Kindes angemessen Berücksichtigung findet. Das ist vor allem dann wichtig, wenn die Eltern so zerstritten sind, dass sie die Interessen des Kindes nicht mehr im Blick haben oder das Kind als Machtinstrument einsetzen.

Der Verfahrensbeistand muss die Eltern dann wieder daran erinnern, dass das Kindeswohl zählt.

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Die Aufgaben dem Familiengericht gegenüber

Die Erkenntnisse, die der Verfahrensbeistand über die Vorstellungen und Wünsche des Kindes gewonnen hat, trägt er zusammen.

Dabei bezieht er

  • die Gespräche mit dem Kind,

  • seine Beobachtungen, wie das Kind und die beiden Elternteile miteinander umgehen, und

  • die Aussagen von anderen Verfahrensbeteiligten

mit ein. Auf dieser Basis verfasst der Verfahrensbeistand dann entweder einen schriftlichen Bericht für das Gericht oder gibt während der Verhandlung eine mündliche Stellungnahme ab. In aller Regel schlägt er dabei auch eine Lösung vor, die dem Willen und dem Wohl des Kindes gerecht wird.

Allerdings muss der Verfahrensbeistand nicht die Wünsche und Vorstellungen des Kindes aufgreifen. Empfiehlt er eine Lösung, die vom Willen des Kindes abweicht, muss er seinen Vorschlag begründen.

Denkbar ist das, wenn der Verfahrensbeistand zum Beispiel der Ansicht ist, dass die Wünsche des Kindes bei objektiver Betrachtung dem Kindeswohl entgegen stehen.

Die Aufgaben des Verfahrensbeistands im Gerichtsverfahren

Der Verfahrensbeistand ist bei allen Gerichtsterminen anwesend. Er vertritt das Kind in seinen Interessen und stellt sicher, dass die Interessen des Kindes angemessen berücksichtigt werden, wenn es zu einem Vergleich kommt oder das Gericht eine Entscheidung fällt.

Generell ist die Situation für ein Kind bei einem Familienstreit immer schwierig. Denn seine Familie bricht auseinander und sein vertrautes Umfeld verändert sich.

Der Verfahrensbeistand schützt das Kind in dieser Situation davor, dass es noch zusätzlich verunsichert oder unnötig belastet wird. Weil das Kind den Verfahrensbeistand als Vertreter hat, muss es deshalb zum Beispiel nicht teilnehmen, wenn das Gericht die Eltern anhört. Genauso sorgt der Verfahrensbeistand dafür, dass das Kind nur dann mehrfach befragt wird, wenn sich das nicht vermeiden lässt.

Bezogen auf die Praxis, gestaltet sich die Arbeit des Verfahrensbeistands wie folgt:

Vor dem Gerichtsverfahren

  • informiert der Verfahrensbeistand das Kind darüber, dass und wie er die Interessen des Kindes vertritt.

  • findet er heraus, wie das Kind die Situation erlebt und einschätzt.

  • ermittelt er, welche Lösung sich das Kind vorstellt und wünscht.

  • erklärt er dem Kind, wie das Verfahren vor Gericht abläuft und welche Möglichkeiten das Kind hat, um den Ausgang zu beeinflussen.

Im Verlauf des Gerichtsverfahrens

  • vertritt der Verfahrensbeistand aktiv die Interessen des Kindes.

  • berichtet er über seine Gespräche mit dem Kind und seine Beobachtungen.

  • versucht er, eine einvernehmliche Lösung zum Wohle des Kindes herbeizuführen.

  • empfiehlt er in seinem schriftlichen Bericht oder einer mündlichen Stellungnahme eine Lösung, die die Interessen und das Wohl des Kindes berücksichtigt.

  • stellt er bei Bedarf einen Antrag im Sinne des Kindes.

Nach dem Gerichtsverfahren

  • teilt der Verfahrensbeistand dem Kind mit, wie das Gericht entschieden hat.

  • klärt er das Kind über die Folgen der Entscheidung auf.

  • legt er Rechtsmittel ein, wenn diese notwendig sind, um die Interessen des Kindes zu wahren.

Allerdings spielt hier immer der jeweilige Fall eine Rolle. Denn mit Blick auf eine angemessene Vertretung macht es natürlich einen Unterschied, ob das Kind zum Beispiel ein Kleinkind oder ein Jugendlicher ist, alleine oder mit Geschwistern aufwächst oder seine Elternteile nah oder weit entfernt voneinander wohnen.

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Hier schreiben Marion Kalinski - Deutschlehrerin, Armin Wischhusen - freier Journalist, Christian Gülcan - Redakteur und Inhaber Artdefects Media Verlag, sowie Denise Menke - Inhaberin einer Presseagentur, Canel Gülcan - Studentin Germanistik / Deutsch auf Lehramt. Wir möchten Wissenswertes zu Themen vermitteln, die aktuell in Deutschland sind , sowie diverse Anleitungen und Tipps für Verbraucher, Schule, Studium oder Beruf weitergeben.

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