Bericht: Erhöhte Pfändungsfreigrenzen beachten
Seit dem 1. Juli 2022 haben Schuldner ein kleines Plus in ihrer Haushaltskasse. Denn die Pfändungsfreigrenzen wurden erhöht. Wie hoch der Betrag ist, der gepfändet werden kann, richtet sich nach dem Einkommen und den unterhaltsberechtigten Personen. Die pfändbaren Beträge sind gesetzlich geregelt und in der Pfändungstabelle festgelegt.
Allerdings werden die angehobenen Freibeträge nicht in jedem Fall automatisch berücksichtigt. Wir erklären in diesem Bericht, was es mit Blick auf die erhöhten Pfändungsfreigrenzen zu beachten gilt:
Inhalt
Grundsätzliches zu Pfändungsfreigrenzen
Liegt eine Pfändung vor, dürfen der oder die Gläubiger nicht das komplette Arbeitseinkommen oder die gesamten Sozialleistungen einziehen.
Vielmehr muss dem Schuldner ein gewisser Betrag bleiben, um damit seinen eigenen Lebensunterhalt und den Unterhalt von den Personen, die unterhaltsberechtigt sind und ebenfalls von diesem Einkommen leben, zu bestreiten. Die Höhe der pfändbaren Beträge ist in der Pfändungstabelle aufgeführt.
Die Tabelle unterscheidet zwischen dem monatlichen Nettoeinkommen, das für die Pfändung relevant ist, und der Anzahl der Personen, denen der Schuldner Unterhalt schuldet.
Das Nettoeinkommen beziffert das Monatseinkommen netto, abzüglich der Einkommensteile, die nicht pfändbar sind. Um die Tabelle zu lesen, sucht der Schuldner zuerst in der linken Spalte nach der Höhe seines Nettoeinkommens.
Anschließend sieht er in den Spalten auf der rechten Seite nach, wie vielen Personen gegenüber er unterhaltspflichtig ist. In der entsprechenden Spalte ist dann der Betrag angegeben, der gepfändet werden kann.
Die Pfändungsfreigrenzen ab Juli 2022
Jeweils zum 1. Juli eines Jahres werden die Pfändungsfreigrenzen angepasst. Dazu werden sie mit der prozentualen Entwicklung des Grundfreibetrags bei der Einkommensteuer abgeglichen und bei Bedarf entsprechend korrigiert. Die Höhe der jeweils gültigen Freibeträge gibt das Bundesjustizministerium bekannt.
Die neuen Freigrenzen sind zum 1. Juli 2022 in Kraft getreten. Dabei wurden sie automatisch und ohne eine Übergangsfrist gültig.
Sie erfassen somit alle Arbeitseinkommen und Sozialleistungen, die ab diesem Stichtag zur Auszahlung kamen. Die unterste Stufe liegt demnach nun bei 1.339,99 Euro, auf einem P-Konto sind 1.340 Euro geschützt.
Automatische Berücksichtigung der erhöhten Pfändungsfreigrenzen beim Einkommen
Der Arbeitgeber ist dazu verpflichtet, die neuen Pfändungsfreigrenzen automatisch zu berücksichtigen. Er muss also die aktuelle Tabelle anwenden und die entsprechend angepassten, höheren Anteile auszahlen.
Gleiches gilt für die Träger von Sozialleistungen. Auch sie müssen die Anpassung automatisch vornehmen. Wie lange eine Pfändung oder Abtretung schon läuft, spielt dabei keine Rolle.
Trotzdem sollte sich ein Schuldner vorsorglich bei seinem Arbeitgeber oder Sozialleistungsträger erkundigen, ob die neue Tabelle bekannt ist und Anwendung findet. Auf diese Weise lässt sich vermeiden, dass an den pfändenden Gläubiger irrtümlich Zahlungen geleistet werden.
Überweist der Arbeitgeber oder Sozialleistungsträger versehentlich nach der alten Tabelle an den Gläubiger, kann der Schuldner zwar verlangen, dass ihm der Arbeitgeber oder Sozialleistungsträger das zu viel überwiesene Geld nachzahlt.
Allerdings ist das nicht nur umständlich, sondern kann vor allem mit dem Arbeitgeber Konflikte hervorrufen, die das Arbeitsverhältnis nachhaltig belasten.
Anpassung beim P-Konto
Wie Arbeitgeber und Sozialleistungsträger müssen auch Banken die erhöhten Pfändungsfreigrenzen automatisch berücksichtigen. Hat der Schuldner ein Pfändungsschutzkonto (P-Konto) muss seine Bank deshalb den Freibetrag auf 1.340 Euro anheben.
Neben dem Sockelfreibetrag für den Kontoinhaber kommen 500,62 Euro für eine weitere Person und jeweils 278,90 Euro für die zweite bis fünfte Person, die zum Haushalt des Schuldners gehören, dazu.
Die Anpassung erfolgt automatisch. Neue Bescheinigungen muss der Schuldner nicht vorlegen. Beachtet die Bank die neuen Freigrenzen nicht, kann der Schuldner von der Bank eine Nachzahlung über die fälschlicherweise zu viel ausgezahlten Beträge an den Gläubiger fordern.
Auch hier gilt aber, dass der Schuldner seine Kontobewegungen im Blick haben sollte. Denn bis eine Nachzahlung erfolgt, kann Zeit vergehen.
Keine automatische Anpassung bei gerichtlichen Beschlüssen oder Bescheiden
Hat ein Gericht den unpfändbaren Betrag individuell per Beschluss festgelegt, wirken die erhöhten Freigrenzen nicht automatisch. Gleiches gilt für den Bescheid von der Vollstreckungsstelle eines öffentlichen Gläubigers.
Wird zum Beispiel das Konto des Schuldners gepfändet und hat das Gericht wegen des höheren Einkommens einen entsprechend höheren Freibetrag festgesetzt, sollte sich der Schuldner umgehend an das Vollstreckungsgericht wenden.
Denn er muss beantragen, dass das Gericht die Freigrenzen anhebt und den Beschluss abändert. Handelt es sich um einen öffentlichen Gläubiger wie zum Beispiel das Finanzamt und wurde der individuelle Freibetrag per Bescheid bestimmt, muss der Schuldner bei diesem Gläubiger die Änderung beantragen.
Dabei sollte sich der Schuldner nicht allzu viel Zeit lassen. Denn der bisherige Gerichtsbeschluss oder Bescheid bleibt so lange gültig, bis eine neue Entscheidung getroffen wurde und der Bank vorliegt. Erst dann berücksichtigt die Bank höhere Freibeträge.
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