Bericht: Wie sinnvoll sind Ökotarife bei Strom und Gas wirklich? 2. Teil

Bericht: Wie sinnvoll sind Ökotarife bei Strom und Gas wirklich? 2. Teil

Viele Verbraucher:innen entscheiden sich bewusst für einen Ökotarif, um auf diese Weise einen Beitrag zum Umweltschutz zu leisten. Doch in Wahrheit tragen die meisten Tarife mit Ökostrom und Ökogas weder nennenswert zur Energiewende bei noch haben sie einen zusätzlichen Nutzen fürs Klima. Aber warum ist das so? Und wie sinnvoll sind Ökotarife bei Strom und Gas dann überhaupt?

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Bericht Wie sinnvoll sind Ökotarife bei Strom und Gas wirklich 2. Teil

In einem ausführlichen Bericht klären wir die wichtigsten Fragen zum Thema. Dabei haben wir im 1. Teil beantwortet, was Ökostrom genau ist und was es mit den Herkunfts- und den Regionalnachweisen auf sich hat.

Außerdem haben wir aufgezeigt, wie die Gaspreiskrise die Ökostromtarife beeinflusst und weshalb Ökostrom oft recht günstig angeboten wird.

Hier ist der 2. Teil!:

Wie aussagekräftig sind Ökostromlabels?

Ökostromlabels sind in aller Regel Zertifikate für einzelne Stromtarife, seltener auch für die Stromanbieter. Herkunftsnachweise belegen bereits, dass der Strom aus erneuerbaren Energien stammt.

Die Labels wollen zusätzlich dazu einen weiteren Umweltnutzen dokumentieren. Dazu garantieren die Labels zum Beispiel, dass ein Teil des Stroms aus neuen Kraftwerken kommt oder der Erlös aus dem Ökostrom anteilig in die Energiewende fließt.

Durch die Ökostromlabels haben Verbraucher:innen die Möglichkeit, Tarife zu finden, die tatsächlich einen Zusatznutzen fürs Klima haben.

Allerdings kann es sehr unterschiedlich sein, worin der Klimanutzen besteht:

  • Ausbau erneuerbarer Energien: Eine Möglichkeit ist, dass der Erlös aus dem Ökostromtarif anteilig in den Ausbau erneuerbarer Energien investiert wird. Dieser Anteil ist aber sehr gering. Er beträgt maximal einen Cent pro Kilowattstunde, oft ist es noch deutlich weniger. Wird der Ausbau mit einem Cent pro Kilowattstunde Ökostrom gefördert, macht das bei einem Durchschnittshaushalt gerade einmal 30 Euro pro Jahr aus.
  • Andere Energieprojekte: Einige Labels unterstützen andere Aktivitäten zur Energiewende. Dabei kann es sich zum Beispiel um Energiesparmaßnahmen, Mieterstrommodelle oder Bürgerenergieprojekte handeln. Auch Vorhaben, bei denen es um Speichertechnologien oder E-Mobilität geht, sind denkbar. Weil solche Aktivitäten für die Ökostromlabels eine immer größere Rolle spielen, rückt der tatsächliche Ausbau der erneuerbaren Energien gleichzeitig in den Hintergrund.
  • Deinvestment: Manche Ökostromlabels werden nur an Anbieter vergeben, die nicht an Atom- oder Kohlekraftwerken beteiligt sind. Der wirtschaftliche Druck, der durch ein solches Deinvestment entsteht, ist sicherlich nicht besonders groß. Als Zeichen, sich von klimaschädlichen oder bedenklichen Technologien zu lösen, kann die Wahl eines entsprechenden Anbieters aber durchaus wertvoll sein.

Welchen Umweltnutzen hat Ökogas?

Wie beim Strom gibt es auch beim Heizgas Tarife, die sich Öko-, Bio- oder Klimatarife nennen. Ob und in welchem Umfang sie umweltfreundlich sind, ist aber oft nur schwer zu beurteilen. Grundsätzlich lassen sich die Ökogastarife in drei Gruppen einteilen:

Biomethanprodukte

Biomethan ist ein Biogas, das in Biomasseanlagen gewonnen und für die Einspeisung ins Gasnetz aufbereitet wird. Die Anlagen können mit Grünabfall, Speiseresten oder Gülle betrieben werden.

Meistens werden aber Pflanzen eingesetzt, die eigens dafür angebaut wurden. Die Folge ist, dass der Anbau von Energiepflanzen wie zum Beispiel Mais in Konkurrenz zur Lebensmittelproduktion steht.

Außerdem kann der Anbau seinerseits Umweltprobleme hervorrufen und mit einem hohen Energieaufwand verbunden sein.

Unproblematisch ist nur Biomethan aus Grünabfall. Allerdings gibt es in Deutschland nur begrenzte Mengen an Grünabfall, weshalb auch klimafreundliches Biomethan entsprechend selten ist.

Außerdem ist das Angebot an Ökogastarifen mit Biomethan generell überschaubar. Wenn solche Tarife angeboten werden, bewegt sich der Biomethananteil meist in einem Rahmen zwischen einem und zehn Prozent.

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Einige wenige Anbieter haben zwar Biogas aus 100 Prozent Biomethan im Programm. Nur ist dieses Gas dann doppelt so teuer wie konventionelles Erdgas.

Kompensationsprodukte

Bei Kompensationsprodukten beziehen die Verbraucher:innen konventionelles, fossiles Erdgas. Gleichzeitig bereinigen sie aber die Klimabilanz, indem sie einen Aufschlag bezahlen.

Den Aufschlag nutzen die Anbieter, um Vorhaben zu fördern, die den CO2-Ausstoß der Heizung ausgleichen sollen.

Die Vorhaben können darauf abzielen, entweder CO2 zu vermeiden, zum Beispiel durch die Nutzung von erneuerbaren Energien, oder CO2 in Biomasse zu binden, indem Bäume geschützt oder neu gepflanzt werden.

Ob, in welchem Umfang und in welcher Form wirklich eine Kompensation stattfindet, lässt sich aber kaum überprüfen. Experten raten deshalb von Kompensationsprodukten ab.

Power-to-Gas-Produkte

Bei den sogenannten Power-to-Gas-Produkten wird dem Erdgas Wasserstoff beigemischt. Der Wasserstoff wird mithilfe von Strom aus Wasser erzeugt. Dieser Vorgang nennt sich Elektrolyse und ist der Namensgeber für das Gas, denn „Power to Gas“ bedeutet übersetzt „Strom zu Gas“.

Die Anbieter werben damit, dass nur Strom aus erneuerbaren Quellen zum Einsatz kommt, der andernfalls nicht genutzt werden würde. Es handelt sich dabei um überschüssigen Strom aus Anlagen, die die Energie normalerweise ins Netz einspeisen.

Zu einem Überschuss kommt es dann, wenn eine Anlage abgeregelt ist. Abgeregelt bedeutet, dass die Anlage momentan Strom erzeugen, ihn aber nicht einspeisen kann, weil das Stromnetz zum Beispiel gerade ausgelastet ist oder das Stromangebot die Nachfrage übersteigt.

Aus ökologischer Sicht ist es durchaus sinnvoll, diesen Strom zu nutzen. Allerdings ist die verfügbare Menge an überschüssigem Strom dieser Art begrenzt. Derzeit ist die Power-to-Gas-Technologie deshalb noch nicht flächendeckend einsetzbar.

Sie gilt aber langfristig als Hoffnungsträger. In Deutschland sind momentan rund 20 Versuchsanlagen in Betrieb. Verbraucher:innen, die sich für einen entsprechenden Gastarif entscheiden, unterstützen insofern vor allem die Weiterentwicklung und den Ausbau der Technologie.

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Wie können Verbraucher:innen das Klima besser schützen?

Auch wenn Ökotarife bei Strom und Gas zum Teil gute Ansätze verfolgen, helfen sie dem Klima oft kaum weiter. Den effektivsten Beitrag können Verbraucher:innen leisten, indem sie ihren Energieverbrauch so weit wie möglich senken.

Dabei gibt es viele Ansatzpunkte. Moderne Heiztechnik und sparsame Haushaltsgeräte gehören genauso dazu wie eine gute Dämmung.

Vor allem aber hilft eine gezielte und bewusste Nutzung dabei, Energie zu sparen. Davon profitiert nicht nur das Klima, sondern auch der eigene Geldbeutel.

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Hier schreiben Marion Kalinski - Deutschlehrerin, Armin Wischhusen - freier Journalist, Christian Gülcan - Redakteur und Inhaber Artdefects Media Verlag, sowie Denise Menke - Inhaberin einer Presseagentur, Canel Gülcan - Studentin Germanistik / Deutsch auf Lehramt. Wir möchten Wissenswertes zu Themen vermitteln, die aktuell in Deutschland sind , sowie diverse Anleitungen und Tipps für Verbraucher, Schule, Studium oder Beruf weitergeben.

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