Bericht: Warum ist der Bundeshaushalt so umstritten?
Die Finanzplanung ist immer eine komplexe Angelegenheit. Während sich Bürger:innen Gedanken darüber machen, ob sie in den Urlaub fahren, eine größere Anschaffung tätigen oder das Geld nicht doch besser zur Seite legen, debattiert die Bundesregierung alljährlich darüber, ob die Bahnstrecken ausgebaut, die Autobahnen saniert oder lieber das Kindergeld erhöht werden soll. Aber wie wird über den Bundeshaushalt verhandelt? Wieso sind die Diskussionen so hitzig? Warum ist der Bundeshaushalt so umstritten?
In diesem Bericht geben wir Antworten!:
Inhalt
Der Bundeshaushalt als Konto der Regierung
Bundeskanzler Olaf Scholz begann seine Rede so: „Meine Damen und Herren, ich begrüße Sie alle! Schlaf wird überschätzt. Wir haben lange durchgemacht und viel beraten.“ Er bezog sich damit auf den Bundeshaushalt.
Dieser wurde am 17. Juli 2024 beschlossen und schreibt auf über 3.000 Seiten die geplanten Einnahmen und Ausgaben der Bundesrepublik für das Jahr 2025 fest.
Von der Funktionsweise her ist der Bundeshaushalt mit unserem privaten Girokonto vergleichbar. Je nach Ausgangssituation geht bei uns jeden Monat der Arbeitslohn, Bürgergeld oder die Rente auf dem Konto ein. Die Bundesregierung hingegen nimmt Geld in erster Linie über Steuern und Abgaben ein. Diese Einnahmen belaufen sich jedes Jahr auf rund 400 Milliarden Euro.
Mit dem Geld deckt die Regierung alle laufenden Kosten. Wie bei uns Miete, Strom, Versicherungen und ähnliche Dinge stellen auch auf Bundesebene die laufenden Kosten sicher, dass der normale Betrieb wie bislang weiterlaufen kann. Renten oder Kindergeld sind Beispiele für die laufenden Kosten im Bundeshaushalt.
Wenn nach diesen Ausgaben noch Geld übrig ist, stellt sich die Frage, wofür es verwendet werden soll. Denn das verbliebene Budget ist begrenzt und muss deshalb clever verteilt werden.
Wir überlegen uns zum Beispiel, ob wir uns die langersehnte Reise leisten oder lieber was für unseren Körper tun und eine Mitgliedschaft im Fitnessstudio abschließen.
Im Unterschied dazu muss die Regierung entscheiden, ob sie etwa in das Bildungswesen, das Verkehrssystem, die Sicherheit oder in Windräder investiert.
Dabei sitzen alle Ministerien an einem Tisch und verhandeln darüber, wie es Deutschland am besten gelingt, seine politischen Ziele mit dem vorhandenen Budget zu verwirklichen. Dass jedes Ministerium für sich und seine Vorhaben möglichst viel herausholen möchte, versteht sich von selbst.
Die Schuldenbremse als Streitthema
Die Bundesregierung muss derzeit aber noch eine andere Frage klären, die sich so mancher von sicher auch schon gestellt hat, wenn der Geldbeutel zum Ende des Monats hin erschreckend leer war: Was tun, wenn das verfügbare Geld nicht reicht?
Durch die vielen Krisen in den vergangenen Jahren hatte und hat der Staat viele Mehrausgaben.
So mussten zum Beispiel wegen der Corona-Pandemie medizinische Ausrüstung wie Schutzkleidung, Masken und Beatmungsgeräte angeschafft und Unternehmen, für die ein Berufsverbot galt, finanziell unterstützt werden. Die Energiekrise und die Waffenlieferungen im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg belasteten das Budget ebenfalls.
Theoretisch könnte sich die Bundesregierung das Geld für Mehrausgaben und Investitionen zwar leihen. Allerdings steht dem die gesetzlich verankerte Schuldenbremse gegenüber. Die Schuldenbremse begrenzt die Summe, die sich der Staat ausleihen kann, auf rund 3,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.
Auf diese Weise soll verhindert werden, dass die nachfolgenden Generationen mit einem riesigen Schuldenberg belastet werden. Viele Bürger:innen halten dieses Gesetz für richtig und stimmen zu, dass die Bundesregierung an der Einhaltung der Schuldenbremse festhält.
Doch gleichzeitig ist die Schuldenbremse ein Grund dafür, warum der Bundeshaushalt so umstritten ist. Denn den Befürwortern der Schuldenbremse stehen mindestens genauso viele Kritiker gegenüber.
Sie stellen den Sinn infrage und argumentieren, dass die derzeitigen und künftigen Herausforderungen höhere Investitionen erfordern. Der Paritätische Wohlfahrtsverband zum Beispiel befürchtet, dass die Regierung der Einhaltung der Schuldenbremse ein höheres Gewicht einräumt, als hilfsbedürftige Menschen zu unterstützen und soziale Angebote zu fördern.
Notwendige soziale Investitionen, die etwa der Kinder- und Familienarmut entgegenwirken, drohen im geplanten Spar-Haushalt auf der Strecke zu bleiben.
Auch der Bundesverband Nachhaltige Wirtschaft (BNW) sieht die Notwendigkeit, mehr Geld in die Zukunft zu investieren. Wenn Deutschland wettbewerbsfähig bleiben soll, führe kein Weg daran vorbei, Mittel für die Bildung, die Infrastruktur, den Klimaschutz und Zukunftstechnologien bereitzustellen.
Studie bestätigt Investitionsbedarf
Eine Studie des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung sieht ebenfalls einen Investitionsbedarf.
Demnach müsse Deutschland in den kommenden zehn Jahren jedes Jahr rund 60 Milliarden Euro zusätzlich investieren, um die Wirtschaft, die Infrastruktur und die Gesellschaft in Bereichen wie dem Klimaschutz, der Energiewende, der Digitalisierung und dem demografischen Wandel zukunftsfähig zu machen.
Aber um diese Zusatzinvestitionen von insgesamt etwa 600 Milliarden Euro, die laufenden Kosten und alle weiteren Ausgaben zu finanzieren, genügen die Einnahmen des Staates und die 3,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, die in der Schuldenbremse festgelegt sind, nicht.
Gleichzeitig stellt die Studie allerdings klar, dass derart offensive Investitionen über die Jahrzehnte mit genug wirtschaftlichen Vorteilen einhergehen. Das liegt unter anderem daran, dass bessere Bildung und eine effektivere Technik zu einer höheren Produktivität führen.
Diese kann die geringere Anzahl an Arbeitnehmer:innen in einer alternden Gesellschaft zumindest anteilig ausgleichen.
Aus diesem Grund sprechen sich die Forscher dafür aus, die Regelungen zur Schuldenbremse so anzupassen, dass der notwendige Spielraum für Kredite entsteht.
Sie sind überzeugt, dass bei kreditfinanzierten Investitionen auf mittlere bis lange Sicht sogar niedrigere Schuldenquoten zu erwarten sind, als wenn die öffentlichen Investitionen nicht erhöht werden. Im europäischen Vergleich liegt Deutschland, was Investitionen angeht, inzwischen tatsächlich im hinteren Bereich.
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