Bericht: Ratten haben zu Unrecht einen so schlechten Ruf!
Eklige Schädlinge, die in dunklen, schmutzigen Kanälen hausen, in Abfällen wühlen und diverse Krankheiten übertragen können: Ratten haben kein gutes Image. Tatsächlich ist die Abneigung gegenüber den kleinen Nagern so groß, dass sie sich sogar im alltäglichen Sprachgebrauch wiederfindet. „Du fiese Ratte!“, „Das zieht einen Rattenschwanz an Problemen nach sich.“ oder „Diese Wohnung ist ein Rattenloch!“ sind ein paar Beispiele.
Was viele übersehen, ist aber, dass Ratten auch sehr liebenswerte Seiten haben. Teilweise sind die Tiere uns Menschen ähnlicher, als wir vermuten würden. Und vor allem mit Blick auf die Medizin sollten wir Ratten eigentlich dankbar sein.
Was also ist dran an den Klischees über die Nager? Wir zeigen, dass und warum Ratten zu Unrecht einen so schlechten Ruf haben!:
Inhalt
Reinliche Infektionsherde
Die in Deutschland heimischen Wanderratten können etwa 120 verschiedene Infektionskrankheiten übertragen. Dazu gehören unter anderem Typhus, Cholera, Trichinose, Toxoplasmose und das Hantavirus.
Dabei erkranken die Tiere selbst meistens nicht. Stattdessen geben sie die Viren oder Bakterien nur über ihren Speichel, ihren Kot oder ihren Urin weiter.
Einige der Erreger, die Ratten mit sich herumtragen, sind an die menschliche Infektion angepasst. Aus diesem Grund können sie auf uns überspringen und mitunter schwere Krankheitsverläufe auslösen.
Damit erklärt sich auch, warum Ratten in den vergangenen Pest-Epidemien oft eine zentrale Rolle gespielt haben.
Sie trugen nämlich den Erreger „Yersinia pestis“, der die Pest auslöst, in sich. Wurden Ratten von Rattenflöhen gebissen, ging der Erreger auf sie über und verbreitete sich von dort aus weiter auf die Menschen.
Trotzdem sind Ratten grundsätzlich weder gefährliche noch schmutzige Tiere. Ganz im Gegenteil:
Ratten gelten als sehr reinliche Tiere. Als Liebesbeweis putzen sie sich sogar gegenseitig das Fell. Allerdings suchen die Nager oft Schutz in der Kanalisation und wühlen auf der Suche nach Futter in unserem Müll. Dadurch bleibt es nicht aus, dass sie eben auch etliche Erreger aufsammeln.
Heilige Tiere
Anders als bei uns werden Ratten in einigen Kulturen als heilige Tiere verehrt oder gelten als Symbol für Wohlstand. Im Karni-Mata-Tempel in Indien zum Beispiel leben rund 20.000 Ratten. Dort werden sie gepflegt und gefüttert.
Jeder Kontakt mit ihnen verspricht göttlichen Segen. So zum Beispiel, wenn sie einem Tempelbesucher über die Füße laufen oder er etwas isst und trinkt, an dem vorher schon die Ratten zugange waren.
Liebenswerte Zeitgenossen
Ratten sind nicht nur sehr intelligent, sondern auch überaus sozial und empathisch. Bei einem Experiment an der University of Chicago beobachteten die Forscher, wie Ratten fremde Artgenossen aus Käfigen befreiten und danach Leckerlis mit ihnen teilten.
Dabei hatten die Forscher den Tieren nicht gezeigt, wie sie die Käfigtüren öffnen können. Trotzdem versuchten es die Ratten so lange, bis es ihnen irgendwann gelang.
Daraus folgt, dass die einzige Motivation der Nager darin bestand, ihre eingesperrten Artgenossen aus der misslichen Lage zu befreien.
Andersherum merken sich Ratten, wenn ein Artgenosse gut zu ihnen war. Dafür revanchieren sie sich später mit Fellpflege oder Futter. Auch sonst zeigen Ratten ein Verhalten, das erstaunlich menschlich anmutet.
So verfügen sie zum Beispiel über Vorstellungsvermögen, ärgern sich über falsche Entscheidungen und können die Sprache verschiedener Personen auseinanderhalten.
Beliebte Haustiere
Farbratten, die aus Laborratten gezüchtet wurden, haben Eigenschaften und Fähigkeiten, die sie zu beliebten Haustieren machen.
So bauen die Nager eine innige Freundschaft zu ihrem Pfleger auf. Und wenn eine Ratte ihrer Bezugsperson einmal ihr Herz geschenkt hat, bleibt das bis zum Lebensende so.
Außerdem kuschelt eine Ratte gerne mit ihrer Bezugsperson. Werden Jungtiere am Bauch gekitzelt, geben sie sogar Töne von sich, die an das Kichern von kleinen Kindern erinnern. Allerdings sind diese Töne so hoch, dass wir sie mit unserem menschlichen Gehör nicht hören können.
Wertvolle Helfer
Wer seine Abscheu einfach nicht überwinden kann, sollte Ratten wenigstens dankbar sein. Denn ohne die Ratten wäre die Medizin in vielen Bereichen wahrscheinlich längst nicht so weit wie heute und etliche lebensrettende Medikamente würden nicht existieren.
Das Deutsche Zentrum zum Schutz von Versuchstieren schätzt, dass im Jahr 2021 allein in Deutschland rund 135.000 Ratten bei Tierversuchen gestorben sind. Bei diesen Versuchen wurden unter anderem Chemikalien und Medikamente an den Nagern getestet.
Dass Ratten für solche Versuche eingesetzt werden, liegt zum einen an ihrer Zutraulichkeit und zum anderen daran, dass sie dem Menschen genetisch sehr ähnlich sind.
Andererseits werden Tierversuche regelmäßig stark kritisiert. Tierschützer bemängeln, dass die Tiere giftigen Substanzen, schädlicher Strahlung oder massivem Stress ausgesetzt, gezielt mit Krankheiten infiziert, verstümmelt oder auf andere Arten grausam gequält werden.
Dabei sind solche Versuche legal, zum Teil sogar gesetzlich vorgeschrieben. Deshalb wird begrüßt, dass es immer öfter Alternativen zu klassischen Tierversuchen gibt.
Ratten können uns aber auch helfen, ohne zu Versuchsobjekten in Laboren zu werden. Weil sie eine feine Nase haben, können sie nämlich darauf trainiert werden, Krankheiten wie Tuberkulose, aber zum Beispiel auch Sprengstoff zu erschnüffeln.
Gerade in ärmeren Ländern können sie dadurch zu Lebensrettern werden. Wir sollten unser Bild von den vermeintlich ekligen Kanalratten also noch einmal gründlich überdenken.
Mehr Berichte, Ratgeber, Tipps und Anleitungen:
- Bericht: Warum ist Weltraumtourismus problematisch?
- Bericht: Tauben sind besser als ihr Ruf!
- Woran scheitert die Rückgabe kolonialer Raubkunst?
- Staatliche Zuschüsse zum Familienurlaub 2025
- Bericht: Wie sinnvoll sind Ökotarife bei Strom und Gas wirklich? 2. Teil
- Bericht: Wie sinnvoll sind Ökotarife bei Strom und Gas wirklich? 1. Teil
- Bericht: Aktualisierte Empfehlungen zur Höhe des Taschengeldes
- Bericht: So funktioniert das Reißverschlussverfahren richtig
Thema: Bericht: Ratten haben zu Unrecht einen so schlechten Ruf!
Übersicht:
Fachartikel
Verzeichnis
Über uns
- Bericht: Ratten haben zu Unrecht einen so schlechten Ruf! - 7. Juni 2025
- Bericht: Warum ist Weltraumtourismus problematisch? - 8. Mai 2025
- Bericht: Tauben sind besser als ihr Ruf! - 9. April 2025