Bericht – Wann müssen Kinder für ihre Eltern Unterhalt zahlen?

Bericht: Wann müssen Kinder für ihre Eltern Unterhalt zahlen? 

Ab etwa dem 50. Lebensjahr, wenn die sprichwörtliche zweite Lebenshälfte beginnt, könnte alles so entspannt sein: Man hat seinen Platz im Leben gefunden, im Beruf geht alles seinen geregelten Weg, die Finanzen sind geordnet und die eigenen Kinder sind aus dem Haus.

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Man kann allmählich damit beginnen, an sich selbst zu denken, und es bleibt zunehmend mehr Zeit für Hobbys, Urlaube und andere langgehegte Wünsche. 

Doch nicht selten taucht dann eine neue Herausforderung auf:

Plötzlich sind es die Eltern, die Unterstützung brauchen. Werden ein oder gar beide Elternteile zum Pflegefall, hat dies nicht nur Auswirkungen auf die familiäre Situation und den Alltag als Familie. In vielen Fällen reichen die eigenen Mittel der Eltern nicht aus, um die Kosten zu decken.

In der Folge bittet das Sozialamt immer häufiger die Kinder zur Kasse. Aber wann und wie viel müssen Kinder überhaupt zahlen? In den Medien gibt es dazu immer wieder widersprüchliche Meldungen, so dass viele verunsichert sind. Um etwas Licht ins Dunkel zu bringen, beantwortet der folgende Bericht die wichtigsten Fragen zum Unterhalt von Kindern an die Eltern.  

Wann müssen Kinder für ihre Eltern Unterhalt zahlen?

Grundsätzlich gilt eine wechselseitige Unterhaltspflicht. Das bedeutet, die Eltern sind gegenüber ihren Kindern unterhaltspflichtig und umgekehrt sind auch die Kinder ihren Eltern gegenüber unterhaltspflichtig. Gibt es mehrere Kinder, verteilen sich die Unterhaltsverpflichtungen auf sie alle. Der Anteil jedes einzelnen Kindes ergibt sich aus dessen Leistungsfähigkeit.

Je leistungsfähiger ein Kind ist, desto höher ist der prozentuale Anteil, den es übernehmen muss. Grundsätzlich haben die Eltern immer dann Anspruch auf Unterhalt, wenn sie die anfallenden Kosten nicht aus eigenen Mitteln bestreiten können. Dabei tritt der Unterhaltsfall meist dann auf, wenn ein oder beide Elternteile zum Pflegefall geworden sind und in ein Pflegeheim kommen. Das Sozialamt geht in diesem Fall im Prinzip in Vorkasse und übernimmt die Kosten für das Pflegeheim.

Anschließend prüft es die Leistungsfähigkeit der Kinder und die daraus resultierenden Unterhaltspflichten. Dazu erhalten die Kinder eine sogenannte Rechtswahrungsanzeige. Durch dieses Schreiben informiert das Sozialamt die Kinder zum einen darüber, dass die Eltern Sozialleistungen erhalten.

Zum anderen sichert es sich dadurch Regeressansprüche gegenüber denjenigen, die unterhaltspflichtig sind. Außerdem fordert das Sozialamt die Kinder dazu auf, ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse offenzulegen. Auf Basis dieser Angaben ermittelt das Sozialamt, wie es um die Leistungsfähigkeit bestellt ist und wer wie viel Unterhalt zahlen muss.

Übrigens:

Wie gut oder schlecht das Verhältnis zwischen den Eltern und ihren Kindern ist, hat grundsätzlich keinen Einfluss auf die Unterhaltspflichten. Selbst wenn der Kontakt schon vor Jahren abgebrochen wurde, können die Kinder die Zahlung also nicht verweigern. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn ein echter Härtefall vorliegt.

Dies wäre beispielsweise der Fall, wenn die Eltern ihre Kinder nachweislich grob vernachlässigt oder misshandelt haben. Oder wenn der betroffene Elternteil selbst niemals Unterhalt bezahlt hat, obwohl es ihm finanziell möglich gewesen wäre. Ob ein Härtefall vorliegt, wird letztlich aber in jedem Einzelfall ein Gericht entscheiden müssen. 

Gibt es eine Reihenfolge bei den Unterhaltsverpflichtungen?

Zunächst einmal muss der Betroffene sein eigenes Vermögen aufbrauchen. Um die Kosten für das Pflegeheim zu decken, werden also erst die Rente, Erspartes und andere Vermögenswerte verwertet. Ist das Vermögen aufgebraucht oder ist keines vorhanden, wird der Ehepartner des Betroffenen in die Pflicht genommen. Ist auch der Ehepartner nicht leistungsfähig, sind die Kinder an der Reihe.

Sowohl beim Ehepartner als auch bei den Kindern haben die Unterhaltsansprüche aber Grenzen. So muss beispielsweise niemand sein selbstgenutztes Eigenheim verkaufen, um damit die Pflegeheimkosten zu bezahlen. Sind die eigenen Kinder aber auf finanzielle Unterstützung angewiesen, haben sie Vorrang. Die Reihenfolge bei den Unterhaltsansprüchen sieht nämlich vor, dass zuerst die Kinder und die Enkel versorgt werden müssen. Danach sind dann die Eltern und die Großeltern an der Reihe.

Die Unterhaltspflicht gilt dabei außerdem grundsätzlich nur für leibliche Kinder und ihnen gleichgestellte Kinder, also Adoptivkinder. Schwiegerkinder müssen keinen Unterhalt bezahlen. Allerdings werden sie oft trotzdem, zumindest indirekt, an den Unterhaltszahlungen beteiligt.

Ist nämlich beispielsweise der Schwiegersohn der Hauptverdiener in der Familie, während die Tochter des Betroffenen kein oder ein nur sehr geringes Einkommen erzielt, hat sie aus Sicht des Gesetzgebers Anspruch auf eine Art Taschengeld. Dieses Taschengeld kann das Sozialamt dann bei der Ermittlung der Unterhaltspflichten berücksichtigen.   

Übrigens:

Wo die Kinder wohnen, spielt zunächst keine Rolle. Auch wenn ein oder mehrere Kinder im Ausland wohnen, kann das Sozialamt sie also zur Kasse bitten.

In der Praxis wendet sich das Sozialamt aber eher an unterhaltspflichtige Verwandte, die in Deutschland wohnen, denn die Zahlungen aus dem Ausland einzutreiben, ist recht schwierig. Bei der Berechnung der Unterhaltshöhe müssen die Anteile von Geschwistern, die im Ausland wohnen, aber normalerweise berücksichtigt werden. 

Wie viel müssen Kinder als Unterhalt bezahlen?

Wie hoch die Unterhaltszahlungen ausfallen, hängt von den finanziellen Verhältnissen ab. Eine Rolle spielt hierbei die sogenannte Düsseldorfer Tabelle. Nach derzeitigem Stand belaufen sich die Selbstbehalte demnach auf 1.600 Euro pro Monat für das unterhaltspflichtige Kind und 1.280 Euro für den Ehepartner. Bleibt das erzielte Einkommen unter diesen Grenzen, wird kein Unterhalt fällig.

Aber selbst wenn das Einkommen höher ist, muss nicht zwangsläufig Unterhalt gezahlt werden. Vom regelmäßigen Einkommen werden nämlich die üblichen monatlichen Belastungen und die Kosten, die sich aus den persönlichen Lebensumständen ergeben, abgezogen. Als Faustregel gilt, dass der Lebensstandard erhalten bleiben soll, selbst wenn das Kind Elternunterhalt bezahlt. Daraus wiederum leitet sich ab, dass bei einem Durchschnittseinkommen, wenn überhaupt, nur kleine Beträge pro Monat fällig werden.

Was das Vermögen der Kinder angeht, gilt folgendes: Das Bundesverfassungsgericht hat klargestellt, dass den Kindern nicht nur ein Einkommen verbleiben muss, das es ihnen ermöglicht, ihren bisherigen Lebensstandard aufrechtzuerhalten. Zusätzlich dazu müssen sie auch die Möglichkeit haben, angemessen für ihr eigenes Alter vorzusorgen.

Eine selbstgenutzte Immobilie oder das Auto sind deshalb vor dem Zugriff des Sozialamts geschützt. Bargeld, Sparbücher, Aktien, vermietete Immobilien, Schmuck und andere Vermögenswerte können hingegen für die Unterhaltszahlungen eingefordert werden. Allerdings darf auch hier nur das verlangt werden, was über eine angemessene Altersvorsorge hinausgeht.

Dabei gilt dann die Faustregel, dass für jedes Jahr ab dem 18. Geburtstag 5 Prozent des Jahresbruttoeinkommens für die Altersvorsorge zurückgelegt werden dürfen. Dieses Vermögen ist ein Schonvermögen und darf vom Sozialamt nicht angetastet werden.

Der BGH hat kürzlich aber erklärt, dass die zurückgelegte Summe, je nach Lebensumständen im Einzelfall, auch über die 5 Prozent hinausgehen kann. Hat der Unterhaltspflichtige selbst Kinder, sind die zulässigen Rücklagen noch höher, denn er kann Geld für die Ausbildung seiner Kinder zurücklegen.     

Was hat es mit dem geschützten Jahreseinkommen von 100.000 Euro auf sich?

Manchmal ist davon die Rede, dass ein Jahreseinkommen bis zu 100.000 Euro geschützt sei. Diese Grenze spielt jedoch in einem anderen Zusammenhang eine Rolle. So gilt sie dann, wenn ein Elternteil bedürftig und folglich auf die staatliche Grundsicherung angewiesen ist.

Die staatliche Grundsicherung ist eine Sozialleistung, durch die eine sehr geringe Rente aufgestockt wird. Erzielen die Kinder ein Nettoeinkommen, das die 100.000 Euro-Grenze übersteigt, besteht kein Anspruch auf die staatliche Grundsicherung. Stattdessen müssen dann die Kinder mit Unterhalt aushelfen. Im Zusammenhang mit den Kosten für die Pflege und das Pflegeheim hat diese Einkommensgrenze keine Bedeutung. Hier zählen stattdessen der Selbstbehalt und das Schonvermögen für die Ermittlung der Unterhaltspflichten.

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