Bericht: Wie ist das mit dem Zeugnisverweigerungsrecht?

Bericht: Wie ist das mit dem Zeugnisverweigerungsrecht?

Jeder kann Bestandteil polizeilicher Ermittlungen werden. Denn um eine Straftat aufzuklären, wird nicht nur gegen Tatverdächtige ermittelt. Stattdessen werden regelmäßig auch Zeugen befragt.

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Doch spätestens wenn jemand in einer solchen Situation steckt, kommt die Frage auf: Wie ist das eigentlich mit dem Zeugnisverweigerungsrecht?:

Im Fernsehen läuft es meist so: Die Polizei wird über eine begangene Straftat informiert. Vor Ort angekommen, schauen sich die Beamten den Tatort genau an. Sie halten erste Erkenntnisse fest und versuchen, den Tathergang zu rekonstruieren.

Im Zuge der weiteren Ermittlungen werden allerlei Zeugen befragt, angefangen bei den Nachbarn über Familienmitglieder und Bekannte bis hin zum Arbeitgeber. Irgendwann steht schließlich fest, wer der Täter war. Dieser wird vernommen und, nachdem er die Tat gestanden hat, verhaftet.

Grundsätzlich laufen polizeiliche Ermittlungen tatsächlich nach einem ähnlichen Schema ab. Auch im realen Leben versuchen die Ermittler, den Tathergang zu rekonstruieren, das Tatmotiv zu finden und den Täter zu überführen. Und um an Informationen zu kommen, befragen sie mögliche Zeugen. Aber: Anders als im Film stehen im echten Leben die Befragten den Ermittlern keineswegs immer bereitwillig Rede und Antwort.

Tatsächlich sind sie dazu auch gar nicht verpflichtet. Denn Zeugen können zwar mit der Polizei kooperieren – müssen es aber nicht. Doch wann genau hat eine befragte Person das Recht, die Aussage zu verweigern? Und wann muss ein Zeuge aussagen? Dieser Bericht erklärt, wie das mit dem Zeugnisverweigerungsrecht läuft.

 

Das Schweigerecht gegenüber der Polizei

Der erste und wichtigste Punkt, der den wenigsten aber bekannt ist, lautet: Gegenüber der Polizei ist niemand zu einer Aussage verpflichtet!

Im Zusammenhang mit Ordnungswidrigkeiten und Straftaten wird es regelmäßig Situationen geben, in denen ein Zeuge lieber keine Angaben machen möchte. Angenommen, sein bester Freund, ein Familienmitglied oder sein Nachbar wird eines Vergehens bezichtigt. Steht dann die Polizei vor der Tür, wird der Zeuge vermutlich nicht bereitwillig alles ausplaudern wollen, was er weiß oder vermutet.

Selbstverständlich steht es ihm frei, eine Aussage zu machen. Allerdings muss er der Polizei nichts erzählen. Denn die Strafprozessordnung verpflichtet niemanden dazu, mit der Polizei zu sprechen. Dies wiederum gilt nicht nur für den Tatort oder einen Besuch zu Hause. Selbst wenn der Zeuge auf die Wache bestellt wird, kann er von seinem Schweigerecht Gebrauch machen.

Und keine Sorge:

Der Zeuge muss keine Konsequenzen fürchten, wenn er gegenüber der Polizei auf sein Schweigerecht besteht. Die Polizei darf ihn weder festhalten noch ihm ein Bußgeld oder eine andere Strafe androhen. Wenn der Zeuge gegenüber der Polizei nichts sagen will, darf ihn die Polizei nicht zu einer Aussage drängen. Punkt.

 

Das Zeugnisverweigerungsrecht vor Gericht

Für immer und ewig darf ein potenzieller Zeuge sind Wissen allerdings nicht für sich behalten. Denn gegenüber einem Staatsanwalt und einem Richter ist er grundsätzlich verpflichtet, auszusagen. Am Tatort selbst sind aber im Normalfall weder die Staatsanwaltschaft noch ein Richter zugegen.

Für den Zeugen bedeutet das, dass er nicht schon vor Ort aussagen muss, sondern zu einem späteren Zeitpunkt vorgeladen wird. In der Zwischenzeit kann der Zeuge eine rechtliche Beratung in Anspruch nehmen. Und zu seiner Vernehmung kann er einen Beistand mitbringen. Bei diesem Beistand kann es sich um einen Rechtsanwalt handeln, genauso kann sich der Zeuge aber auch von jeder anderen Person begleiten lassen.

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Doch selbst vor dem Staatsanwalt und dem Richter hat der Zeuge unter Umständen das Recht, seine Aussage zu verweigern. Denn die Aussage soll nicht dazu führen, dass der Zeuge in einen Gewissenskonflikt gerät. Dies wiederum wird dann unterstellt, wenn der Zeuge über jemanden aussagen soll, der ihm persönlich sehr nahe steht. Dabei wird die persönliche Nähe über den Verwandtschaftsgrad bemessen.

In der Folge hat der Zeuge dann ein uneingeschränktes Zeugnisverweigerungsrecht, wenn sich die Aussage auf seinen Ehegatten, eingetragenen Lebenspartner oder Verlobten oder auf einen Verwandten in gerader Linie bezieht. Bei Verwandten in der Seitenlinie besteht das Zeugnisverweigerungsrecht bis zum dritten Verwandtschaftsgrad.

Aber:

Lebt der Zeuge ohne Trauschein mit seinem Partner zusammen, muss er gegenüber dem Staatsanwalt und vor Gericht gegen seinen Partner aussagen. Gleiches gilt für eine Patchwork-Familie. Eine Aussage gegen die eigenen Kinder kann der Zeuge verweigern, eine Aussage gegen seinen Partner oder die Kinder seines Partners aber nicht.

Im Unterschied dazu bleibt das Zeugnisverweigerungsrecht nach einer Scheidung oder einer Auflösung der Lebenspartnerschaft jedoch erhalten. Selbst wenn die Expartner inzwischen getrennte Wege gehen, müssen sie sich gegenseitig also nicht belasten.

 

Das Zeugnisverweigerungsrecht als Tatbeteiligter

Ein weiterer wichtiger Grundsatz ist, dass sich niemand selbst belasten muss. Fragen, die nahelegen könnten, dass der Zeuge die Straftat selbst begangen hat oder anderweitig daran beteiligt war, muss er also nicht beantworten. Ob dabei bereits ein konkreter Verdacht gegeben ist oder die Tatbeteiligung nur grundsätzlich möglich erscheint, spielt keine Rolle.

Sobald die Möglichkeit besteht, dass der Zeuge durch seine Aussage vom Zeugen zum Beschuldigten werden könnte, kann er sich auf sein Zeugnisverweigerungsrecht berufen.

Übrigens:

In umfangreicheren Gerichtsprozessen kann auch der Zeuge einen Anspruch darauf haben, dass ihm auf Kosten der Staatskasse ein Rechtsanwalt als Beistand zur Verfügung gestellt wird. Denn vor Gericht soll nicht nur der Beklagte die Chance auf eine faire Verteidigung haben. Stattdessen steht auch dem Zeugen ein Schutz seiner Rechte zu.

 

Die Wahrheitspflicht bei einer Aussage

Kann sich der Zeuge auf kein Aussageverweigerungsrecht berufen, ist er dazu verpflichtet, die Wahrheit zu sagen. Er darf weder etwas verschweigen noch etwas dazudichten, sondern muss wahrheitsgemäß exakt das angeben, was er wirklich weiß. Bei einer Falschaussage droht dem Zeugen sogar eine Freiheitsstrafe.

Nun könnte der Zeuge natürlich auf die Idee kommen, die Vorladung zu ignorieren und einfach nicht zu erscheinen, um die Aussage auf diese Weise zu umgehen. Allerdings ist das eine ziemlich schlechte Idee. Denn auch in diesem Fall muss er mit einer bis zu sechsmonatigen Haftstrafe rechnen. Außerdem werden ihm die Gerichtskosten, die durch sein Nichterscheinen entstehen, auferlegt.

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Hier schreiben Marion Kalinski - Deutschlehrerin, Armin Wischhusen - freier Journalist, Christian Gülcan - Redakteur und Inhaber Artdefects Media Verlag, sowie Denise Menke - Inhaberin einer Presseagentur, Canel Gülcan - Studentin Germanistik / Deutsch auf Lehramt. Wir möchten Wissenswertes zu Themen vermitteln, die aktuell in Deutschland sind , sowie diverse Anleitungen und Tipps für Verbraucher, Schule, Studium oder Beruf weitergeben.

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