Bericht: Stichwort „Taschengeldparagraph“

Bericht: Stichwort „Taschengeldparagraph“

Kinder unter 7 Jahren sind nicht geschäftsfähig. Geschäftsunfähigkeit im Sinne des Gesetzes bedeutet, dass die Kinder keine wirksamen Willenserklärungen abgeben und selbstständig keine Rechtsgeschäfte tätigen können. Das heißt im Prinzip nichts anders, als dass Kinder unter 7 Jahren noch keine Verträge schließen können.

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Stattdessen brauchen sie für Rechtsgeschäfte jeglicher Art einen gesetzlichen Vertreter. Im Unterschied dazu sind Personen, die das 18. Lebensjahr abgeschlossen haben, unbeschränkt geschäftsfähig. Hier gibt es zwar ein paar Ausnahmen, aber grundsätzlich geht das Gesetz davon aus, dass jemand, der volljährig ist, wirksam seinen Willen erklären und selbstständig Rechtsgeschäfte tätigen kann.

Gleichzeitig kann er für alles, was er tut, zur Verantwortung gezogen werden. Nun gibt es zwischen diesen beiden Gruppen aber noch eine dritte Gruppe, nämlich die der Kinder und Jugendlichen im Alter zwischen 7 und 17 Jahren. Ihnen attestiert das Gesetz eine beschränkte Geschäftsfähigkeit. In diesem Zusammenhang fällt häufig auch das Stichwort “Taschengeldparagraph”.

Was es damit auf sich hat, erklärt der folgende Bericht:

Die beschränkte Geschäftsfähigkeit

Kinder und Jugendliche, die ihren 7. Geburtstag schon hinter sich, ihren 18. Geburtstag aber noch vor sich haben, sind im Sinne des Gesetzes beschränkt geschäftsfähig. Beschränkte Geschäftsfähigkeit bedeutet, dass die Kinder und Jugendlichen zwar Rechtsgeschäfte tätigen können, dafür aber die Zustimmung eines gesetzlichen Vertreters brauchen. Hat der gesetzliche Vertreter, meist sind das die Eltern, im Vorfeld keine Einwilligung erteilt, ist das Rechtsgeschäft schwebend unwirksam.

Der gesetzliche Vertreter hat aber die Möglichkeit, das Rechtsgeschäft nachträglich zu erlauben. Durch diese nachträgliche Genehmigung wird das Rechtsgeschäft wirksam. Andersherum kann der gesetzliche Vertreter seine Zustimmung verweigern. Dies führt dazu, dass das Rechtsgeschäft unwirksam wird und bleibt.

In der Praxis sieht das so aus: Angenommen, ein 12-jähriges Kind bekommt von seinen Eltern 100 Euro und soll von diesem Geld Turnschuhe kaufen, die die Eltern und das Kind vorher ausgesucht hatten. Auf dem Weg zum Schuhgeschäft geht das Kind aber erst einmal in einen Spielzeugladen. Dort kauft es sich eine Kleinigkeit von seinem Taschengeld. Außerdem investiert es die 100 Euro, die eigentlich für die Turnschuhe gedacht waren, in ein Spielzeug, das es schon lange haben wollte.

Das kleine Spielzeug wird wohl in Ordnung gehen, mit dem großen, teuren Spielzeug dürften die Eltern aber vermutlich ein Problem haben. Da die Eltern diesem Rechtsgeschäft vorher nicht zugestimmt hatten und es auch im Nachhinein nicht genehmigen müssen, können sie in den Spielzeugladen gehen und die Rückabwicklung des Kaufs verlangen.

Das Hauptrisiko bei der ganzen Angelegenheit trägt übrigens der Händler. Ein Kunde kann sich, zunächst gleich welchen Alters, natürlich einen Artikel aussuchen und ihn kaufen, indem er ihn an der Kasse bezahlt. Ist der Kunde aber ein minderjähriges Kind und handelt es sich um ein vergleichsweise teures Produkt, muss der Verkäufer damit rechnen, dass der Kauf im Nachhinein eventuell rückgängig gemacht werden wird. Sicherheit für alle Beteiligten hingegen ist gegeben, wenn die Eltern beim Einkauf dabei sind oder ihrem Kind ein kurzes Schreiben mitgeben, in dem sie ihr Einverständnis für den Kauf einer bestimmten Sache erklären.

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Die wesentliche Absicht der beschränkten Geschäftsfähigkeit ist die Schutzfunktion. Kinder und Jugendliche können oft noch nicht abschätzen, welche Konsequenzen ein Vertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft für sie hat. Schwarze Schafe könnten genau diese Unwissenheit oder Naivität aber ausnutzen, um einem Kind irgendeine Ware oder Dienstleistung anzudrehen.

Wäre das Kind voll geschäftsfähig, wäre es auch in Sachen Zahlung voll in der Pflicht. Durch die beschränkte Geschäftsfähigkeit haben die Eltern hingegen die Möglichkeit, einzugreifen und dafür zu sorgen, dass das Geschäft rückgängig gemacht wird.

Stichwort „Taschengeldparagraph“

Grundsätzlich dürfen Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren ohne die Einwilligung eines gesetzlichen Vertreters keine Rechtsgeschäfte tätigen und keine Verträge schließen. Dies gilt auch für Kaufverträge. Allerdings wäre es im Alltag recht umständlich und auch wenig praktikabel, wenn wirklich jeder noch so kleine Einkauf anschließend widerrufen werden könnte. Aus diesem Grund gibt es § 110 im Bürgerlichen Gesetzbuch. Im Volksmund wird der Paragraph “Taschengeldparagraph” genannt, eigentlich heißt er “Bewirken der Leistung mit eigenen Mitteln”.

Er besagt, dass ein Kind oder Jugendlicher auch ohne die Einwilligung seiner Eltern dann einen wirksamen Vertrag schließen kann, wenn der Vertrag mit Mitteln zustande kommt, die dem Minderjährigen „zu diesem Zweck oder zu freier Verfügung von dem Vertreter oder mit dessen Zustimmung von einem Dritten überlassen worden sind.“ (https://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__110.html)

Im Klartext heißt das nichts anderes, als dass Kinder und Jugendliche rechtswirksam etwas kaufen können, wenn sie das Geld für den jeweiligen Gegenstand bekommen haben oder wenn es sich um Geld handelt, das sie ausgeben können, für was sie wollen.

Übertragen auf das Beispiel von oben bedeutet das: Die Eltern haben dem Kind 100 Euro gegeben, damit es von diesem Geld bestimmte Turnschuhe kauft. Also darf das Kind die 100 Euro nehmen, in das Schuhgeschäft gehen und die Turnschuhe kaufen. Weil die Eltern vorher zugestimmt haben und das Geld für genau diesen Kauf vorgesehen war, kommt ein wirksamer Kaufvertrag zustande. Im Nachhinein können die Eltern nicht mehr ohne Weiteres verlangen, dass der Händler den Kauf rückgängig macht. Auch der Kauf von der Kleinigkeit im Spielzeugladen ist nicht zu bestanden.

Hier hat das Kind nämlich sein Taschengeld eingesetzt und über sein Taschengeld kann das Kind frei verfügen. Anders als oft angenommen, gibt es beim Taschengeldparagraph aber keine gesetzlich festgelegte Grenze. Das Gesetz macht keine Angaben zur Höhe des zulässigen Kaufbetrags. Es legt noch nicht einmal fest, dass es sich überhaupt um Taschengeld handeln muss.

Wenn ein Kind also beispielsweise 200 Euro von seinen Großeltern geschenkt bekommt und die Eltern damit einverstanden sind, dass das Kind das Geld annimmt und sich davon etwas Schönes kauft, findet der Taschengeldparagraph genauso Anwendung. Haben die Eltern hingegen ausdrücklich erklärt, dass sich ihr Kind bestimmte Dinge nicht kaufen darf, können sie den Kaufvertrag widerrufen. Dies gilt auch dann, wenn der Artikel nur wenige Euro gekostet und das Kind den Artikel von seinem Taschengeld bezahlt hat.

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