Bericht: 3 Gerichtsurteile zum Thema Gewerberechtliche Unzuverlässigkeit

Bericht: 3 Gerichtsurteile zum Thema Gewerberechtliche Unzuverlässigkeit

In Deutschland darf grundsätzlich jeder ein Gewerbe anmelden und betreiben. Es gibt nur wenige Tätigkeiten, für die eine besondere Zulassung oder Erlaubnis notwendig ist. Allerdings haben die zuständigen Behörden die Möglichkeit, eine erteilte Gewerbeerlaubnis zu widerrufen und einem Gewerbetreibenden zu verbieten, seine gewerbliche Tätigkeit ausüben.

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Zu diesem Schritt sehen sich die Behörden veranlasst, wenn die gewerberechtliche Zuverlässigkeit des Gewerbetreibenden nicht mehr vorhanden ist und wenn es die Behörden für notwendig halten, die Allgemeinheit vor dem Geschäftsgebaren des Gewerbetreibenden zu schützen.

Zu einer solchen Entscheidung kommt es beispielsweise, wenn der Gewerbetreibende seine Steuern, fällige Sozialversicherungsbeiträge oder die Beiträge an die Berufsgenossenschaft zum wiederholten Male nicht bezahlt. Auch eine Straftat, die im Zusammenhang mit der Ausübung der Tätigkeit steht, kann das Aus für das Gewerbe bedeuten.

Der folgende Bericht zeigt drei Gerichtsurteile,
die sich mit dem Thema Gewerberechtliche Unzuverlässigkeit beschäftigen:

1. Beispiel: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Az. 22 ZB 13.522, Beschluss vom 15.04.2013

Bei diesem Fall ging es um einen Versicherungsmakler, der vier Jahre lang keine Steuererklärungen eingereicht hatte. Beim Finanzamt waren Steuerschulden von rund 10.000 Euro offen. Im Schuldnerverzeichnis war der Versicherungsmakler mit fünf Eintragungen vermerkt.

Bei einem dieser Einträge handelte es sich um einen Haftbefehl, durch den erreicht werden sollte, dass der Versicherungsmakler die Eidesstattliche Versicherung abgibt. Die zuständige Gewerbebehörde sah sich dazu veranlasst, ihm die besondere Gewerbeerlaubnis, die für eine Tätigkeit als Versicherungsmakler notwendig ist, zu entziehen.

Der Versicherungsmakler erhob daraufhin Klage gegen den Bescheid. Er argumentierte, dass ihm das Finanzamt eine Frist gesetzt habe, um seine steuerlichen Verhältnisse zu klären und einen Vorschlag für die Begleichung seiner Steuerschulden vorzulegen. Solange diese Frist nicht abgelaufen sei, könne ihm die Behörde seine Gewerbeerlaubnis nicht entziehen.

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof teilte die Auffassung des Versicherungsmaklers nicht. Er erklärte, dass es nur sehr wenige Fälle gebe, in denen die Behörden abwarten müssten, wie andere Verfahren ausgehen. Die Fälle, bei denen diese Pflicht besteht, sind gesetzlich klar geregelt.

Hier sei es außerdem dadurch zur gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit gekommen, dass der Versicherungsmakler mehrere Jahre lang keine Steuererklärungen abgegeben habe. Der Schuldenbereinigungsplan, den der Versicherungsmakler aktuell ausarbeite, wiege das unzuverlässige Verhalten in der Vergangenheit nicht auf. Weiterhin erklärte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, dass der Versicherungsmakler einen Schuldenberg von insgesamt rund 53.000 Euro angesammelt habe.

Sein Einkommen liege unterhalb des Pfändungsfreibetrags. Bei der Ausübung seiner Tätigkeit könne er deshalb in Versuchung geraten, seinen Kunden zum Abschluss von Versicherungsverträgen zu raten, die für die Kunden nachteilig sind, ihm aber ordentliche Provisionen einbringen.

2. Beispiel: Verwaltungsgericht Augsburg, Az. Au 5 K 12.1215, Urteil vom 14.02.2013

Das Verwaltungsgericht Augsburg hatte in einem Fall zu entscheiden, bei dem es um die gewerbliche Tätigkeit einer Frau ging. Die Frau hatte ein Gewerbe für die von ihr gegründete GmbH angemeldet. Die Gewerbeanmeldung umfasste unter anderem den Handel mit Unterhaltungselektronik, den Verleih von Videofilmen und den Betrieb von Backshops, Bistros und Spielotheken.

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Die steuerlichen Angelegenheiten ließ die Frau eher schleifen. So leistete sie Steuervorauszahlungen mitunter erst dann, wenn ihr das Finanzamt die Vollstreckung angekündigt hatte. Da sie weder Umsatzsteuervoranmeldungen noch Steuererklärungen abgegeben hatte, musste das Finanzamt ihre betrieblichen Einkünfte schätzen. Innerhalb von drei Jahren hatten sich dadurch Steuerschulden von über 23.000 Euro angesammelt. Die Knappschaft Bahn-See als Sozialversicherungsträger musste die Höhe der Beiträge für die Mitarbeiter der GmbH ebenfalls schätzen und auch hier blieben die Zahlungen aus. Bei der Berufsgenossenschaft gab es ebenfalls offene Forderungen.

Das Gewerbeamt veranlasste zunächst eine Anhörung. Dabei erklärte die Frau, dass sie die Bescheide mit den Steuer- und Beitragsforderungen nicht erhalten habe. Deshalb habe sie von ihren Schulden auch nichts gewusst. Das zuständige Landratsamt widerrief daraufhin die Gewerbeerlaubnis und untersagte der Frau auch eine Tätigkeit in der Betriebsleitung.

Die Frau klagte gegen den Bescheid. Ihre Klage begründete sich im Wesentlichen damit, dass sie einen großen Teil ihrer Steuerschulden inzwischen beglichen habe.

Das Verwaltungsgericht Augsburg bestätigte die Entscheidung des Landratsamtes. Für einen Untersagungsbescheid sei die Sachlage maßgeblich, die zum Zeitpunkt der Entscheidung bestehe. Das Gericht erklärte, dass die Frau ihre Mitwirkungs- und Erklärungspflichten gegenüber dem Finanzamt und anderen Institutionen seit Gründung ihres Betriebs erheblich verletzt habe. So wäre beispielsweise allein die Umsatzsteuervoranmeldung in drei Jahren neunzehn Mal ausgeblieben. Da auch für die Zukunft von dieser Unzuverlässigkeit ausgegangen werden müsse, sei der Untersagungsbescheid rechtens.

3. Beispiel: Verwaltungsgericht Stuttgart, Az. 4 K 5220/10, Beschluss vom 21.01.2011

Bei diesem Fall ging es um einen Mann, der als selbstständiger Schachlehrer arbeitete. Das Schachspiel hatte er an Schulen, in Vereinen und in privaten Haushalten unterrichtet. Bei seinen Schülern handelte es sich größtenteils um Kinder und Jugendliche.

Nachdem gegen den Schachlehrer ein Ermittlungsverfahren wegen Verbreitung von Kinderpornographie im Internet eingeleitet worden war, untersagte ihm die zuständige Behörde mit sofortiger Wirkung, weiterhin Minderjährige zu unterrichten. Der Schachlehrer erhob Klage gegen diese Entscheidung. Er erklärte, dass die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen seien. Zudem liege kein rechtskräftiges Strafurteil gegen ihn vor.

Das Verwaltungsgericht Stuttgart gab der Behörde Recht. Eine gewerberechtliche Unzuverlässigkeit liege dann vor, wenn eine ordnungsgemäße Ausübung des Gewerbes in Zukunft nicht gewährleistet werden könne. Ob eine strafrechtliche Verurteilung vorliege oder ob nicht, sei nicht maßgeblich. Entscheidend seien vielmehr die erwiesenen Tatsachen.

Bei einer Hausdurchsuchung seien mehr als 3.000 kinderpornographische Bilder bei dem Schachlehrer gefunden worden. Er habe den Besitz dieser Bilder gegenüber den ermittelnden Beamten jedoch verharmlost. Außerdem sei der Schachlehrer früher schon einmal wegen des Besitzes von kinderpornographischen Bildern verurteilt worden. Dies sei ausreichend, um ihm den Umgang mit Kindern und Jugendlichen im Rahmen einer beruflichen Tätigkeit zu verbieten.

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